Nachrichten & Pressemeldungen - © KI-generiertes Foto 12. November 2025 Lieferkettengesetze unter Druck: Bürokratieabbau statt Menschenrechte? Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) gilt als Meilenstein: Zum ersten Mal verpflichtet es Unternehmen, Verantwortung für Menschenrechte und Umwelt entlang ihrer gesamten Lieferketten zu übernehmen. Doch dieser Fortschritt steht gerade auf der Kippe. Während auf EU-Ebene die Trilogverhandlungen zur neuen Richtlinie über nachhaltige Unternehmensverantwortung (CSDDD) laufen, versucht die Bundesregierung, das deutsche Gesetz schon jetzt abzuschwächen. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), wurde angewiesen, Prüfungen auszusetzen und Bußgelder nur noch in „schweren Fällen“ zu verhängen. Als zentrale Aufsichtsbehörde für die Umsetzung des Lieferkettengesetzes überprüft das BAFA, ob Unternehmen ihre Sorgfaltspflichten erfüllen, verhängt Sanktionen bei Verstößen und gibt Orientierungshilfen für die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben. Dieses politische Signal bedeutet weniger Kontrolle und damit weniger Schutz für die Betroffenen Noch gefährlicher wäre die sogenannte Omnibus-I-Linie, über die in Brüssel derzeit verhandelt wird. Sie würde den Anwendungsbereich drastisch verkleinern – nur noch rund 150 statt bisher über 5.000 Unternehmen wären damit gesetzlich zur Achtung der Menschenrechte verpflichtet. Damit fiele ein Großteil der deutschen Wirtschaft aus der Verantwortung. Wenn Deutschland diese Linie übernimmt, wäre das ein massiver Rückschritt – juristisch wie politisch. Frauen bleiben auf der Strecke Besonders gefährdet sind Frauen. Sie machen weltweit den größten Teil der Beschäftigten in Niedriglohn- und Hochrisikosektoren aus – in der Textilproduktion, in der Landwirtschaft, in der Pflege und im informellen Sektor. Sie arbeiten oft ohne Arbeitsvertrag, ohne soziale Absicherung und sind besonders häufig von geschlechtsspezifischer Gewalt, Lohnungleichheit und unsicheren Arbeitsbedingungen betroffen. Ein geschwächtes Lieferkettengesetz bedeutet also nicht nur weniger Menschenrechtsschutz , sondern auch mehr Unsicherheit, mehr Ausbeutung und mehr Gewalt gegen Frauen. Wenn Identitätsschutz im Beschwerdeverfahren fehlt, sind es meist Arbeiterinnen, die kein Risiko eingehen können, Missstände zu melden, aus Angst vor Entlassung, Stigmatisierung oder Repression. Starkes und transparentes Gesetz statt blinden Bürokratieabbaus Jetzt ist das Gegenteil von Rückbau nötig: Das Gesetz braucht eine starke Aufsicht, transparente Verfahren, echten Schutz der Identität von Hinweisgeber*innen und klare Haftungsregeln für Unternehmen. Bürokratieabbau darf kein Vorwand für Schutzabbau sein. Menschenrechte gelten universell und dürfen nicht auf Kosten derjenigen geopfert werden, die am stärksten betroffen sind: Frauen in den globalen Lieferketten. Weiterführende Informationen Anlässlich der bevorstehenden Entscheidungen Mitte November 2025 in Berlin und Brüssel liefert unser Policy-Briefing eine kompakte Lageanalyse zu LkSG, CSDDD/Omnibus I und der Umsetzungspraxis des BAFA. Es formuliert praxistaugliche Schritte für stärkere Durchsetzung, rechtssicheren Identitätsschutz und klare Verfahren – damit Betroffene in den Lieferketten durch die Gesetze auch zu Ihren Rechten kommen: Policy-Briefing Lieferketten: Regeln, Rechte, Relevanz: LkSG, CSDDD und BAFAHrsg. FEMNET, Nov. 2025 Unpicking the German Supply Chain Act: How the fashion industry is failing to address labor rights violations in PakistanHrsg. ECCHR, NTUF, FEMNET Nov. 2025