Im Profil: Tunesiens Bekleidungsindustrie Tunesien in Zahlen (Stand 2023) Rund 95% der Textilexporte gehen in die EU, der Textil- und Bekleidungssektor ist der zweitgrößte Exportsektor Tunesiens nach der Elektroindustrie 41% der Fabriken sind in ausländischem Besitz (Frankreich, Deutschland, Belgien) ca. 160.000 Beschäftigte in Textil und Bekleidung (2020) laut FWF Countrystudy, davon sind 80% Frauen Mindestlohn liegt bei 192€ und ist nicht existenzsichernd Unterdrückung der Gewerkschafts- und Versammlungsfreiheit Textil- und Bekleidungssektor - hohe Bedeutung für Tunesien Die tunesische Textilindustrie gehört mit einem Marktanteil von ca. 2,5 Prozent zu den zehn wichtigsten Lieferanten von Textilien für die EU. Seit Corona sind die nordafrikanischen Länder Tunesien, Marokko, u.a. für viele Unternehmen interessant geworden. Nearshoring ist das Schlagwort. Die Lieferketten wurden durch Corona und den Ukrainekrieg auch bei der Beschaffung von Bekleidung unterbrochen, so interessieren sich viele Unternehmen für eine näher an Europa liegende Produktion. Die Wertschöpfung in Tunesien ist jedoch weiterhin gering, Vorprodukte und -materialien werden importiert. Die Produktion findet hauptsächlich in der Küstenregion im Osten des Landes statt. Trotz eines Anstiegs der Produktion in Tunesien, kommt die meiste Bekleidung in Europa weiterhin aus Asien, u.a. weil die Löhne dort noch geringer sind. Frauen in der Bekleidungsindustrie 80% der Beschäftigten in der Bekleidungsindustrie sind Frauen. Sie verdienen einen Lohn, der nicht zum Leben ausreicht. Da die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen und Frauen besonders hoch ist, sind viele Frauen auf die wenigen Arbeitsplätze angewiesen. Besonders problematisch sind die befristeten Arbeitsverträge, denn nach vier Jahren müssen Fabriken die Frauen fest einstellen. Um dies zu vermeiden, entlassen sie sie vorher. Die meisten Näherinnen sind zwischen 18 und 35 Jahren. © FEMNET Patriarchale Gesellschaft In Tunesien herrschen noch alte patriarchale Strukturen und kulturell werden Frauen geringer geschätzt als Männer. Geschlechtsspezifische Gewalt geschieht hauptsächlich in der Privatsphäre und liegt bei 31% (s. FWF gender fact sheet), die Dunkelziffer ist vermutlich viel höher. Textilgewerkschaft Die Gewerkschaft UGTT hat 2017 rund 750.000 Mitglieder*innen (FWF country study) und organisiert rund 46% der Beschäftigten im öffentlichen und privaten Sektor, allerdings nur 17,5% im Textilbereich. Aufgrund der Kurzzeitverträge, die die Frauen erhalten, ist es besonders schwer, sie zu organisieren. Sobald das Fabrikmanagement davon hört, werden die Frauen entlassen. Wer Fehler macht, steht unter verschärfter Beobachtung. © FEMNET Stakeholder (siehe Länderstudie von FWF) Unternehmensverbände: UTICA : Tunesian Union of Manufacturing, Trade and Handicrafts, Unternehmensverband FENATEX: National Federation of Textile FTTH: Tunesian Federation of Textile and Clothing Gewerkschaften: UGTT: Tunesian General Union of Workers- größte Gewerkschaft mit 750.000 Mitgliedern UGTT Textile Federation: vertritt rund 37.000 Mitglieder, 60% Frauen NGOs: ATFD: Association Tunisienne des Femmes Democtaes FTDES :Forum Tu8nesien des Droits Economiques et Sociaux LTDH : Ligue Tunisienne des Droits de l’Homme Nachrichten aus Tunesien 21-10-2019 „Gute Arbeit fairbindet!“ Tunesische Aktivistinnen bei der Speakers Tour 2019 zu Berufsbekleidung und fairer Beschaffung 17-04-2019 Reisebericht aus Tunesien: Arbeitsbedingungen in der Produktion von Berufsbekleidung Quellen FWF Gender fact sheet (2019), PDF-Datei FWF, Tunesia Countrystudy (2021), PDF-Datei FEMNET Factsheet Berufsbekleidung Tunesien (2019), PDF-Datei zurück