Faire öffentliche Beschaffung - Ausbeutung für Arbeitskleidung

Gut geschützt? Ausbeutung für Arbeitskleidung

Extrem niedrige Löhne, erzwungene Überstunden, hohe Jobunsicherheit und unterdrückte Gewerkschaften: Arbeitskleidung soll Beschäftigte hierzulande schützen, doch in der Herstellung sind die Arbeitsverhältnisse ähnlich prekär wie in der Modeindustrie. Eingekauft werden solche Waren auch durch öffentliche Institutionen in Deutschland.

Inzwischen gibt es zahlreiche Studien über die Arbeitsbedingungen und Menschenrechtsverletzungen in der Bekleidungsindustrie. Dennoch mangelt es an Informationen speziell über Arbeitskleidung. Im Auftrag von FEMNET recherchierten die indische Organisation Cividep und das tunesische Institut FTDES in insgesamt sieben Textilfabriken. Das erschütternde Ergebnis: Die Arbeitsbedingungen in der Herstellung von Arbeitskleidung sind genauso schlecht wie in vielen anderen Modebranchen. Diese Ergebnisse spielen für die öffentliche Beschaffung eine zentrale Rolle, denn immer mehr Kommunen wollen Arbeits- und Sozialnormen in ihre Beschaffungspraxis integrieren.

Zu den englischsprachigen Länderstudien gibt es zusammenfassende Factsheets auf Deutsch. Statements tunesischer Expertinnen finden Sie im Bericht zur Speakers Tour 2019.

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Erzwungene Überstunden in indischen Betrieben

Cover der Studie Workwear made in IndiaDie Recherchen in Indien zeigten: In Nähereien arbeiten Angestellte unter Bedingungen, die von Zwangsarbeit im engeren Sinne nicht weit entfernt sind. Beschäftigte verdienen ein extrem niedriges Grundgehalt, das durch tägliche Überstunden aufgestockt werden muss. Diese Überstunden sind nicht freiwillig. Sie können nur unter dem Risiko abgelehnt werden, den Arbeitsplatz zu verlieren. Versuchen Angestellte gegen diese untragbaren Bedingungen vorzugehen, droht die Kündigung: Das Fabrikmanagement ging in allen untersuchten Betrieben aktiv gegen Gewerkschaften vor.

 

 

Hohe Jobunsicherheit in tunesischen Fabriken

Cover Studie Workwear made in TunisiaDie Situation in tunesischen Zulieferbetrieben ist ebenso prekär. Beschäftigte verdienen auch hier extrem niedrige Löhne, die weit unterhalb eines existenzsichernden Einkommens liegen. Sie bekommen immer wieder kurzzeitig befristete Verträge, obwohl langjährigen Mitarbeitenden gesetzlich ein unbefristeter Vertrag zusteht. Möglich macht dies eine perfide Praktik: Fabriken werden von einem auf den anderen Tag geschlossen und wieder neu eröffnet. Verträge verlieren ihre Gültigkeit; Beschäftigte werden oft zu schlechteren Bedingungen wieder neu eingestellt.

 

 

So kann Arbeitskleidung fairer werden

Titelbild Berufsbekleidung factsheet

Damit sich die Arbeitsbedingungen verbessern, müssen die Herstellerfirmen ihren menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten nachkommen. Dazu braucht es neben wirksamen gesetzlichen Regelungen wie einem starken europäischen Lieferkettengesetz auch einen bewussteren Umgang mit der Beschaffung von Arbeitskleidung: Öffentliche wie private Einkäufer*innen sollten ihre Marktmacht nutzen und die Einhaltung sozialer Kriterien bei der Produktion aktiv einfordern.

 

Download des Factsheets 'Berufsbekleidung'

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