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Das Versagen von TÜV und Co: Sozialaudits schützen Unternehmen und lassen Arbeiter*innen im Stich

Sozialaudits sollen die Einhaltung von Menschenrechten bei der Arbeit kontrollieren und sicherstellen. Als Kontrollinstrument ist dieser Ansatz jedoch gescheitert. Das dokumentiert der Bericht „FIG LEAF FOR FASHION - How social auditing protects brands and fails workers“ der Kampagne für Saubere Kleidung: Die milliardenschwere, privatwirtschaftlich agierende Zertifizierungs- und Audit-Branche schützt systematisch Ansehen und Gewinne der Auftrag gebenden Unternehmen anstatt die Rechte von Arbeiter*innen. 

In der umfassenden Analyse verschiedener kommerzieller Prüforganisationen wird eine Abhängigkeit zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber festgestellt. Bekannten Initiativen zur Überprüfung sozialer Standards, wie Social Accountability International (SAI), Worldwide Responsible Accredited Production (WRAP), Fair Labour Association (FLA) und amfori Business Social Compliance Initiative (BSCI) sowie den größten Auditunternehmen, Bureau Veritas, TÜV Rheinland, UL, RINA und ELEVATE, wird anhand von Fallbeispielen aus dem letzten Jahrzehnt eine eklatante Nachlässigkeit in ihren Kontrollen nachgewiesen.

Zu den bekanntesten Beispielen gehören das Fabrikfeuer von Ali Enterprises 2012, der verheerende Einsturz des Rana Plaza-Gebäudes 2013 und die Kesselexplosion 2017 in der Multifabs-Fabrik: Tausende Arbeiter*innen wurden verletzt oder getötet, obwohl jede dieser Fabriken von mehreren führenden Auditfirmen, darunter TÜV Rheinland, Bureau Veritas und RINA, für sicher erklärt wurden. Bei der Bewertung folgten sie dem Standard, der Methodik und den Leitlinien führender Compliance-Initiativen wie amfori BSCI und SAI.

Katastrophen wie diese sind vorhersehbar und vermeidbar. Damit zeugen sie von den systembedingten Mängeln der Sozialaudits. Dennoch arbeitet die Branche ungestraft weiter nach demselben Prinzip. Konsequenzen gab es bislang kaum für die involvierten Unternehmen und Initiativen. Tatsächlich wachsen Umsatz und Gewinn der Branche - zusammen mit der Anzahl vermeintlich geprüfter Fabriken. Die Industrie hat es geschafft, die vielen Mängel unter Verschluss zu halten, denn es mangelt an Transparenz. Noch immer sind die Ergebnisse von Kontrollen fast immer ausschließlich den auftraggebenden Klienten zugänglich. Selbst den Arbeiter*innen, deren Rechte, Leben und Gesundheit auf dem Spiel stehen, bleiben sie verborgen.

„Zwanzig Jahre Sozialaudits haben die Arbeitsbedingungen nicht verbessert. Markenunternehmen kann nicht zugetraut werden, dass sie sich selbst regulieren. Daher brauchen wir verbindliche Vorschriften und Standards für Audits sowie Berichtspflichten mit der Androhung von Sanktionen. Nur so können wir sicherstellen, dass Verantwortung ernst genommen, unternehmerische Sorgfaltspflicht eingehalten und das Leben der Arbeiter*innen geschützt wird“, erklärt Dr. Gisela Burckhardt, Vorstandsvorsitzende von FEMNET.

Der Bericht zeigt Möglichkeiten auf, wie strukturelle Mängel behoben werden können. Mehr Transparenz und eine wirksame Einbeziehung von Gewerkschaften und Arbeiter*innen in die Audits wären zwei wichtige Elemente.

Kontakt

  • Katharina Edinger, FEMNET e.V.
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    Tel.: +49 (0)228-90 91 73 09
  • Berndt Hinzmann, INKOTA-netzwerk e.V.
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    Tel.: +49 (0)160 94 69 87 70
  • Fabienne Winkler, Entwicklungspolitisches Netzwerk Sachsen e.V. (ENS)
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    Tel: +49 (0)151 55 66 44 32

Cover des Factsheets

„Feigenblatt der Modeindustrie: Wie Sozialaudits Unternehmen schützen und Arbeiter*innen im Stich lassen“
(2019, deutsche Zusammenfassung, PDF)

„Fig Leaf for Fashion“
(2019, Englisch, vollständiger Bericht, PDF)

„Fig Leaf for Fashion“ (Englisch)
(2019, englische Zusammenfassung, PDF)

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