Pressemeldungen - Unternehmensverantwortung & Lieferkettengesetz Lieferkettengesetz © FEMNET | Sina Marx 01. Juli 2024 Vertane Chance: Keine Verbesserung der Arbeits- und Gewerkschaftsrechte bei KiK-Zuliefer in Pakistan in Sicht Gemeinsame Presseerklärung von FEMNET, dem ECCHR und NFUT Berlin, Bonn. Unsichere Arbeitsstätten, Akkordarbeit und Hungerlöhne: Fast 15 Jahre nach dem verheerenden Brand in der pakistanischen Textilfabrik Ali Enterprises wird der deutsche Textildiscounter KiK seiner Verantwortung für sichere und faire Arbeitsbedingungen in seinen Zulieferfabriken in Pakistan noch immer nicht gerecht. 260 Menschen verloren damals ihr Leben. Die Fabrik produzierte hauptsächlich für KiK. Im September 2023 konfrontierte die pakistanischen Gewerkschaft NTUF zusammen mit der Frauenrechtsorganisation FEMNET und der Menschenrechtsorganisation ECCHR den Textilkonzern KiK mit den Ergebnisse einer Studie, die im ersten Halbjahr 2023 durchgeführt wurde. Die Untersuchung bestätigte erneut strukturelle schon vielfach dokumentierte Arbeitsrechtsverstöße in pakistanischen Textilfabriken, darunter auch in einer Zulieferfabrik von KIK: Fast kein*e Arbeiter*in erhielt einen existenzsichernden Lohn, mehr als zwei Drittel erhielt nicht mal den gesetzlichen Mindestlohn, die meisten hatten keine schriftlichen Arbeitsverträge, waren über Dritte beschäftigt, leisteten Akkordarbeit und waren weder sozial- noch rentenversichert. Vor dem Hintergrund des 2023 in Kraft getretenen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) forderten die Organisationen KiK auf, ihren gesetzlichen Sorgfaltspflichten nachzukommen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um insbesondere sicherzustellen, dass Arbeiter*innen in ihren Zulieferfabriken in Pakistan einen existenzsichernden, mindestens aber den örtlichen gesetzlichen Mindestlohn erhalten. Zunächst reagierte KiK erfreulich schnell und ermunterte seinen Zulieferer eine Vereinbarung mit der Gewerkschaft NTUF über die Zahlung von Mindestlöhnen und die Einhaltung des örtlichen Arbeitsrechts zu unterschreiben. Die Vereinbarung konnte in mehreren Verhandlungsrunden noch weiter verbessert werden. In der finalen Vereinbarung verpflichtet sich der Zulieferer u.a. der Gewerkschaft Zugang zu den Arbeiter*innen zu gewähren. “Dass KiK endlich bereit war, sich mit uns als lokaler Gewerkschaft an einen Tisch zu setzen, um gemeinsam über Lösungsansätze zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu sprechen, stimmte uns hoffnungsvoll, dass KiK aus der Tragödie von Ali Enterprise gelernt hat und das Lieferkettengesetz hier tatsächlich ein guter Wegbereiter für bessere Arbeitsbedingungen in pakistanischen Textilfabriken werden könnte”, sagt Nasir Mansoor von NTUF. Leider wurde schnell deutlich, dass der Zulieferer nicht willens war, an einer Verbesserung der Situation für die Beschäftigten zu arbeiten. Die getroffene Vereinbarung allein konnte daran auch nichts ändern: Bereits kurz nach der Unterzeichnung der finalen Vereinbarung im Februar 2024 versuchte der Zulieferer durch eine vorgetäuschte Wahl eine vermeintliche Arbeiter*innenvertretung in der Fabrik zu installieren. Kurz darauf entließ er über 140 Arbeiter*innen unter Verstoß gegen arbeitsrechtliche Vorschriften. Unter ihnen auch diejenigen, die sich über die vorgetäuschte Wahl beschwert hatten. Proteste seitens NTUF gegen dieses Vorgehen tat der Zulieferer als ungebührliche Einmischung ab. Wiederholte Versuche, KiK einzubeziehen, um ihren Zulieferer zur Einhaltung der Vereinbarung zu bewegen, scheiterten. Ein Fehler war, dass KiK entgegen unserer wiederholten Forderungen von Beginn an nicht bereit war, die Vereinbarung mit zu unterzeichnen. Ohne das Engagement des Einkäufers und seine Unterstützung, bleibt eine solche Vereinbarung bloß ein Lippenbekenntnis", so Gisela Burckhardt von FEMNET. “Sobald es zu Schwierigkeiten vor Ort kam, setzte KiK trotz der wiederholt vorgebrachten Bedenken erneut auf unzuverlässige Sozialaudits, statt im Geiste der Vereinbarung gemeinsam mit der Gewerkschaft und seinem Zulieferer im Dialog nach Lösungen zu suchen”. “Mit ihrem Einsatz für eine verbindliche Vereinbarung zwischen ihrem Zulieferer und einer lokalen Gewerkschaft zur Verbesserung von Löhnen und Arbeitsbedingungen hätte KiK ein Vorreiter werden können”, so Annabell Brüggemann von ECCHR. “Doch dafür hätte KiK Verantwortung für die tatsächliche Um- und Durchsetzung der Vereinbarung übernehmen müssen, etwa durch eine Beteiligung an den Kosten und die Anpassung der eigenen Einkaufspraktiken. Hierzu war KiK entgegen unserer wiederholten Forderungen nicht bereit. KiK hat hier eine bedeutende Chance vertan.” Mit seinem Vorgehen wird KiK den Verpflichtungen nach dem LkSG nicht gerecht. Die bisher ergriffenen Maßnahmen sind weder geeignet, die konkret dokumentierten Arbeitsrechtsverstöße bei ihrem pakistanischen Zulieferer wirksam zu bekämpfen, noch langfristig die Zahlung angemessener Löhne und die Einhaltung des sonstigen lokalen Arbeitsrechts in seinen Lieferketten sicherzustellen. Pressekontakt Anne Munzert (FEMNET) Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.Mobil 0175-8465560 Maria Bause (ECCHR) Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. +49 (0)30 69819797 Weiterführende Informationen "Keine Verträge, keine Rechte: Wie die Modeindustrie ihre Arbeiter*innen um Mindestlöhne betrügt" (PDF-Datei) Download der Presseerklärung vom 01.07.2024(PDF-Datei) Kategorie: Lieferkettengesetz