Netzwerkarbeit & Kooperationen

Aktive Frauen von Munnade/GLU

SAROJA, 38 Jahre, von GLU aus Bangalore, Indien

Saroja von GLU/MunnadeSaroja war acht Jahre lang im Bekleidungssektor als Näherin beschäftigt. Ihr monatlicher Lohn betrug damals 450 indische Rupien, was umgerechnet circa sechs Euro sind. Yashoda und Saraswathi, ihre jetzigen Kollegen bei GLU (Garment Labour Union), haben damals als Aktivistinnen für Cividep India gearbeitet, einer Arbeitsrechtsorganisation, die unter Anderem Trainings für die ArbeiterInnen aus dem Bekleidungssektor veranstaltet. 2002 wurde Saroja zu Workshops zu den Themen „Gesetzliche Arbeitsversicherung, Arbeitsschutz und Gesundheit“ eingeladen hat und war anfangs eher skeptisch.

„Zuerst habe ich gezögert zum Workshop zu gehen, aber nachdem ich einmal teilgenommen habe, war ich sehr interessiert mehr über meine Rechte als Textilarbeiterin zu erfahren.“

Sarojas Interesse wurde nach dem ersten Training so groß, dass sie beschloss Teil von Cividep zu werden. Neben der täglich achtstündlichen Arbeit in der Fabrik hat Saroja an Wochenenden bei Cividep ausgeholfen und versucht mehr ArbeiterInnen für die Workshops zu organisieren. 2004 hat sie Munnade mitgestaltet, eine Initiative der Textilarbeiterinnen, die bis 2010 von Cividep India finanziert wurde. Munnades Fokus liegt eher auf häuslicher Gewalt, der Wasserversorgung in den Arbeitervierteln, der Einsetzung der Rationskarten, der Aufklärung über Rentenversicherung und anderen Boni der ArbeiterInnen. Aus Munnade resultierte die Gewerkschaft GLU, da alle Mitglieder verstanden, dass eine Gewerkschaft notwendig ist, um die ArbeiterInnen zu organisieren und ihre Probleme an das Fabrikmanagement offen zu kommunizieren. GLU setzt sich für das Recht auf Kollektivverhandlungen ein, klärt die ArbeiterInnen über Versorgungsfonds und die gesetzliche Arbeitsversicherung auf und unterstützt die Bildung von Arbeitsausschüssen. Cividep India, Munnade und GLU arbeiten immer noch eng zusammen und unterstützen sich gegenseitig.

 

Yashoda, 46 Jahre, von GLU aus Bangalore, Indien

Yashoda von GLU/MunnadeVon 1995 bis 2002 war Yashoda Näherin in einer Textilfabrik. Der Sprung zur sozialen Arbeit gelang durch Cividep India, als sie das erste Mal an einem der Workshops für TextilarbeiterInnen teilgenommen hat. Vor ihrer Arbeit als Näherin war sie Lehrerin an der Abendschule „Saksharatha Andolana School“ in ihrem Heimdorf. Mit diesem beruflichen Hintergrund war sie für die Arbeit bei Cividep sehr geeignet und hat 2002 als Feldaktivistin angefangen. Zu ihren Aufgaben gehörten Organisation von lokalen Meetings, Auseinandersetzung mit familiären Problemen der ArbeiterInnen, Begleiten der Frauen zu Frauenkommissionen und Arbeit mit Selbsthilfegruppen.

“Ich war glücklich als Feldaktivistin bei Cividep zu arbeiten, denn ich war sehr interessiert an sozialer Arbeit.”

Als das Projekt mit Cividep auslief, wurde kurze Zeit später Munnade gegründet. Yashoda hat nach ihrer Arbeit mit Munnade GLU ins Leben gerufen. Für sie spielen Gewerkschaften eine große Rolle, um unter Anderem Schadenersatzansprüche der ArbeiterInnen geltend zu machen und im direkten Austausch mit dem Arbeitsministerium zu sein. “Mit Gewerkschaften ist es einfach und legal für Arbeitsrechte zu kämpfen.”
Außerdem gibt die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft den ArbeiterInnen ein Zugehörigkeitsgefühl.

 

Saraswathi, 41 Jahre, von GLU aus Bangalore, Indien

Saraswathi munnadeSaraswathi hat sieben Jahre als Helferin in einer Textilfabrik namens „Garment International Factory“ gearbeitet. Ihr monatliches Gehalt betrug 900 indische Rupien. Als die Fabrik zugemacht wurde, hat sie zwar eine Abfindung bekommen, doch die Arbeit verloren. 2010, zur gleichen Zeit wie ihre Kollegin Yashoda, hat sie angefangen als Feldaktivistin bei Cividep India zu arbeiten. Sie hat Arbeiterviertel besucht und ArbeiterInnen zu Workshops eingeladen. Bis 2012 hat sie an verschiedenen Projekten von Cividep teilgenommen, bis sie Schatzmeisterin von GLU wurde. „Gewerkschaften sind wichtig, um Arbeitsrechte auf die politische Agenda zu setzen, die Arbeiter können nicht alleine, sondern nur im Kollektiv für Änderungen in der Politik sorgen.“

 

 

 

 

 

 

Rukmini, 40 Jahre, von GLU aus Bangalore, Indien

Rukmini von GLU/MunnadeVor siebzehn Jahren hat Rukmini angefangen in einer Bekleidungsfabrik zu arbeiten. Es gab schon damals viele Probleme in der Textilindustrie. Die ArbeiterInnen wurden verbal belästigt, als Hunde beschimpft und vor anderen ArbeiterInnen erniedrigt. Andere Probleme wie nicht bezahlte Überstunden, kein Anspruch auf Krankenstand und keine Auszahlung der Boni waren üblich.

„Ich hatte damals keine Ahnung von meinen Arbeitsrechten als Textilabreiterin. 2003 habe ich das erste Mal an einem Workshop von Cividep teilgenommen, in dem es darum ging Bewusstsein über die uns gesetzlich zustehenden (Sozial-)Leistungen zu schaffen.“

Der Workshop hatte Rukminis Interesse geweckt und sie nahm nun an Wochenenden an den Meetings von Cividep teil. Sie hat auch ihren KollegInnen von Cividep erzählt und sie dazu animiert ebenfalls an deren Workshops teilzunehmen. Nach einem weiteren Jahr wurde „Garment Mahila Karmikara Munnade“, eine soziale Organisation der Arbeiterinnen aus der Bekleidungsindustrie, gegründet und Rukmini war eine der Koordinatorinnen der Organisation.

2006 war sie Vertreterin der Gewerkschaft GATWU (Garment and Textile Workers Union) und hat in dieser Funktion an einer Beratungssitzung, die von allen Gewerkschaften der Textilindustrie einberufen wurde, teilgenommen. Durch Medienberichte hat auch ihre Fabrik von ihrer Position als Generalsekretärin von GATWU erfahren und sie ermahnt aus der Gewerkschaft auszutreten. Rukmini verwies jedoch auf ihr Recht Mitglied einer Gewerkschaft sein zu dürfen. In den darauf folgenden Tagen wurde sie massiv schikaniert, durch die Mikrophonansage als Arbeitsfaulenzerin in der ganzen Fabrik ausgerufen und jede Stunde zu einer Besprechung aufgefordert, in der ihr vorgeworfen wurde, dass sie ihr Arbeitspensum nicht erreicht.

GATWU hat daraufhin vor den Toren der Fabrik protestiert, woraufhin Rukmini in ein anderes Gebäude und in eine minderqualifizierten Position wechseln musste.

2006 wurde sie grundlos suspendiert. Als sie sich nach dem Grund für ihre Suspendierung erkundigte wurde ihr gesagt, dass sie eine schriftliche Erklärung postalisch erhalten würde, was aber nie geschah. GATWU und andere Gewerkschaften haben vor der Fabrik protestiert und auch GAP, die Firma, für die in dieser Fabrik produziert wurde, informiert. Die Fabrik reagierte mit einer einstweiligen Verfügung, Rukmini solle 200 Meter Abstand von der Fabrik halten und keine Gespräche mit den ArbeiterInnen führen. Dem Antrag wurde nicht stattgegeben. Daraufhin fand ein Gespräch zwischen dem Fabrikmanagement, GATWU und GAP statt. Alle Beteiligten kamen überein, dass Rukmini als Entschädigung weiterhin ihren Lohn bekommen solle jedoch nicht zur Arbeit zu kommen braucht.
2012 hat Rukimini GATWU verlassen, um die Gewerkschaft GLU (Garment Labour Union) zu gründen. Für sie ist es wichtig, dass Gewerkschaften existieren und die ArbeiterInnen darin unterstützt werden ihre Rechte offen vor dem Fabrikmanagement anzusprechen. „Wenn ein/e TextilarbeiterIn ohne schulische Bildung über ihre Rechte als ArbeiterIn Bescheid weiß, dann ist er/sie auch fähig ihre Rechte einzuklagen. Ich bin der lebende Beweis dafür.“ Rukmini besuchte in ihrem Leben nur drei Monate eine Schule.

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