Faire öffentliche Beschaffung - Ist rückverfolgbar gleich nachhaltig?

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Rückverfolgbare Textilien: Neue Nachweise für die nachhaltige öffentliche Beschaffung?

Technische Lösungen zur Rückverfolgung textiler Produkte könnten ein wichtiges Werkzeug sein, um geprüfte Nachhaltigkeitsinformationen zu Lieferketten, Produkten und Unternehmen zusammenzuführen. Im Rahmen einer Studie hat FEMNET untersucht, wie sie in der Nachweisführung der öffentlichen Vergabe Anwendung finden könnten – und wo derzeit noch Grenzen liegen.

titel rueckverfolgbarkeit studie 2023 450pxNachhaltigkeit ist für die öffentliche Hand bei der Beschaffung von Textilien von steigender Relevanz. Die Prüfung eingereichter Nachweise stellt Auftraggeber*innen jedoch immer wieder vor Herausforderungen. Denn es gibt nicht den einen Nachweis für sämtliche Nachhaltigkeitsaspekte. Potenziell könnten hier Rückverfolgbarkeitslösungen für öffentliche Beschaffer*innen eine große Erleichterung darstellen. Bisher ist das volle Potential jedoch noch nicht ausgeschöpft.

Der Fokus dieser Studie liegt insbesondere auf Rückverfolgbar­keitslösungen, welche für die Lieferketten von Arbeitskleidung und Flachwäsche von Bedeutung sind. Das Forschungsdesign entspricht dem einer qualitativen Untersuchung: Neben einer ausführlichen Literaturrecherche wurden eine Online-Umfrage, Interviews sowie Hintergrundgespräche durchgeführt. Die Auswertung der erhobenen Daten erfolgte durch eine qualitative Inhaltsanalyse. Die Studie stellt keine repräsentative Erhebung dar.

Werkzeug für eine zukunftsfähige Textil- und Bekleidungsindustrie

Rückverfolgbarkeits­lösungen können den Weg eines Produktes aufzeichnen sowie zum Teil weitere relevante Informationen, beispielsweise Aspekte des Nachhaltigkeitsmanagements. Die Studie verdeutlicht, wie sie dadurch auf verschiedene Weisen zu mehr Nachhaltigkeit und Transparenz beitragen. Ein Textilunternehmen, welches eine solche Lösung nutzt, zeigt etwa, dass es auf mehr Transparenz in seinen Lieferketten hinarbeitet.

Qualität und Quantität der abgebildeten Daten entscheidend

Tunesien Naehbetrieb c FEMNET 450Noch können Rückverfolgbarkeitslösungen keine besseren Arbeitsbedingungen in Textilfabriken garantieren . © FEMNET Die Nutzung einer technischen Lösung ist jedoch kein Garant dafür, dass Produkte vollständig rückverfolgbar sind. Auch sind Produkte mit Nachhaltigkeitsstandards nicht automatisch vollständig rückverfolgbar. Denn eine Rückverfolgbarkeitslösung ist als Nachweis einerseits nur so gut wie die Daten, mit denen sie gepflegt wird. Andererseits entscheidet der Umfang der verfügbaren Daten, ob ein Produkt tatsächlich über die gesamte Lieferkette rückverfolgbar ist.

Empfehlungen für Beschaffer*innen

Die Studie hat gezeigt, dass sich die betrachteten Rückverfolgbarkeitslösungen hinsichtlich der abgebildeten Daten teils stark unterscheiden. Konkrete Daten müssen also im Einzelfall erfragt und überprüft werden. In der öffentlichen Beschaffung können Rückverfolgbarkeitslösungen somit für die Marktrecherche von Relevanz sein, ersetzen jedoch (noch) nicht die Prüfung von eingereichten Nachweisen. Dennoch haben Beschaffer*innen schon heute verschiedene Möglichkeiten, sie im Vergabeprozess zu verankern, um Transparenz und Nachhaltigkeit zu fördern.

Stapel JeansDie einzelnen Produktionsschritte von Kleidungsstücken lassen sich durch den Einsatz digitaler Lösungen besser nachvollziehen. © inmorino | pixabay.com Beispielsweise könnten innerhalb der Zuschlagskriterien Bieter*innen belohnt werden, die einen oder mehrere Produktionsbetriebe offenlegen. Um Transparenz als Ausschlusskriterium zu verankern, könnte in der Leistungsbeschreibung verlangt werden, dass angebotene Produkte bis zu einer gewissen Stufe rückverfolgbar sein müssen. Darüber hinaus wäre für die Eignungsprüfung die Forderung denkbar, dass Bieter*innen über hinreichende Rückverfolgbarkeitslösungen in ihrem Unternehmen im Sinne einer technischen Ausrüstung verfügen. Ferner könnten Auftragnehmer*innen im Rahmen der Ausführungsbedingungen verpflichtet werden, bei der Ausführung des Auftrags Nachweise über die Herkunft und Herstellungsbedingungen mittels Rückverfolgbarkeitslösungen zu führen.

Die Studie wurde im Rahmen des FEMNET-Projekts „Beschaffung fairändern“ angefertigt. Gefördert wird das Projekt von Engagement Global mit ihrer Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) mit Mitteln des BMZ. Unterstützt wird es durch Fairtrade Deutschland.

 

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