Pressemitteilungen - Existenzlohn jetzt! Faire Löhne für Textilarbeiter*innen

Wieviel verdient eine Näherin wirklich? Unbequeme Fragen an Zalando

Bonn, 23.06.2020 – Anlässlich der Aktionärsversammlung des Modehändlers am 23. Juni 2020 ruft die Frauenrechtsorganisation FEMNET Zalando auf, einen „Fonds für existenzsichernde Löhne“ für die Näher*innen in seiner Lieferkette zu schaffen. Zudem fordert FEMNET Transparenz über die Einkaufspraktiken von Zalando. Zeitgleich mit der Veröffentlichung des Fashion Checkers, der Details über Löhne in den Lieferketten von 108 Modemarken der Welt aufdeckt, soll das Unternehmen Auskunft über die Sorgfaltspflichten gegenüber den Beschäftigten in seiner Lieferkette geben.

Was unternimmt Zalando gegen die Hungerlöhne in den Textilfabriken? Wie schützt es die Arbeiter*innen in seiner Lieferkette angesichts der Corona-Pandemie?

Die Hungerlöhne in der Bekleidungsindustrie sind oft in der Tiefe komplexer und geheimnisvoller Lieferketten verborgen. Die Webseite Fashion Checker, das neue Online-Tool der Clean Clothes Campaign, deckt Details über Löhne in den Lieferketten der größten Modemarken der Welt auf und verrät, wo und wie Kleidung hergestellt wurde. Dazu wurden 108 Modehändler befragt – erstmals in diesem flächendeckenden Ausmaß. Das ernüchternde Ergebnis: 93% der befragten Modehäuser zahlen ihren Lieferanten keinen Lohn, der für die Arbeiter*innen zum Leben reicht – Zalando gehört dazu.

Die extrem niedrigen Löhne unter Missachtung von Menschenrechten haben zahlreichen Modemarken jahrzehntelang Gewinne in Milliardenhöhe ermöglicht. Dabei werden die Preise für die Lieferanten gedrückt. Modemarken zwingen ihre Lieferanten, mit sehr geringen Gewinnspannen zu operieren. Von solch niedrigen Preisen können die Produzenten nur Armutslöhne zahlen. Zalando bildet keine Ausnahme.  Zwar ist das Unternehmen der Initiative „Action Collaboration Transformation“ (ACT) beigetreten, die sich für Lohnerhöhungen in Produktionsländern einsetzt, jedoch geht es dabei nicht - wie oft behauptet - um existenzsichernde Löhne, sondern um die Vereinbarung eines Flächentarifvertrags. Zudem ist ACT nur in wenigen ausgewählten Ländern aktiv und die Erfolgsaussichten der Initiative sind ungewiss.

„Modemarken und -händler müssen endlich dafür sorgen, dass die Menschen, die Kleidung für Unternehmen wie Zalando herstellen, von ihren Löhnen würdevoll leben können. Arbeiter*innen und ihre Familien, die für Hungerlöhne schuften, sind Krisenzeiten wie diesen schutzlos ausgeliefert“, erklärt FEMNET-Mitarbeiterin Sina Marx. „Damit verdammt Zalando seine Arbeiter*innen und ihre Familien zu Hunger, Krankheit und Perspektivlosigkeit. Wir möchten von Zalando wissen, welche konkreten Maßnahmen das Unternehmen ergreift, um dies zu verhindern.“

Die Aktionärin fordert daher von Zalando die Schaffung eines „Fonds für existenzsichernde Löhne“, der das Lohnniveau sukzessive anheben soll, bis der Konzern das international anerkannte Menschenrecht auf existenzsichernde Löhne erfüllt. „Immerhin haben sich 25 Prozent der im „Fashion Checker“ untersuchten Unternehmen Schritte vorgenommen, wie sie zu einem existenzsichernden Lohn kommen wollen, davon ist bei Zalando nichts zu lesen“ sagt Gisela Burckhardt, Vorstandsvorsitzende von FEMNET.

"Zalando ist im vergangenen Jahr unseren Forderungen nachgekommen und hat seine Zulieferer veröffentlicht, allerdings nur 80 Prozent. Das ist ein guter erster Schritt, aber warum nicht 100 Prozent? Um beurteilen zu können, wie die Arbeitsbedingungen vor Ort aussehen, brauchen wir auch verlässliche Informationen zur Einhaltung von Menschenrechten, zu den Löhnen, zu Diskriminierung und ob sich Arbeiter*innen vor Ort frei organisieren können“, sagt Sina Marx.

Hintergrund

FEMNET ist Mitglied der Kampagne für Saubere Kleidung (Clean Clothes Campaign, CCC) und setzt sich für bessere Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie ein. Das neue Online-Tool Fashion Checker erhöht die Transparenz in der Bekleidungsindustrie und wirft ein Licht auf Hungerlöhne, exzessive Überstunden und die Ausbeutung, die in der Branche trotz aller gegensätzlichen Beteuerungen der Modehäuser vorherrschen.

Weitere Informationen

 

Kontakt:

Sina Marx, FEMNET e.V. / Kampagne für Saubere Kleidung
Tel.: 0163 – 8712171
Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. 

 

Über FEMNET e.V.

FEMNET ist eine gemeinnützige Frauenrechtsorganisation mit Sitz in Bonn. Der 2007 gegründete Verein setzt sich für bessere Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie des globalen Südens ein, wo ein Großteil der westlich genutzten Kleidung genäht wird. Von Unternehmen fordert FEMNET die Einhaltung von Sozialstandards entlang der gesamten Lieferkette, wofür die Politik verbindliche Regeln schaffen soll. Frauen in Indien und Bangladesch unterstützt FEMNET über einen Rechtshilfefonds. Zusätzlich unterstützt der Verein Partnerorganisationen in der Arbeit gegen Gewalt an Frauen am Arbeitsplatz und für bessere Kinderbetreuung in Textilfabriken. In Deutschland betreibt FEMNET Bildungsarbeit an Hochschulen und Schulen, berät zudem Städte und Kommunen beim Einkauf fairer Berufsbekleidung und informiert über Siegel und fair produzierte Kleidung.

Das Projekt "Filling the Gap: Achieving Living Wages through Improved Transparency" wird von der Europäischen Union kofinanziert.

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