Nachrichten - Bildungsarbeit mit Jugendlichen Bildungsarbeit mit Jugendlichen

Stellwand mit Infos und einer bunt gestalteten, recyclten Jeans

© Rita Rennert

Blick auf faires Wirtschaften sichert zukunftsfähige Ausbildung

Angehende Bekleidungstechnische Assistent*innen lernen im Workshop-Projekt „Aktiv für Menschenrechte in der Mode“ alles rund um eine nachhaltige Modeindustrie.

Wie viel Energie verbraucht die Herstellung eines T-Shirts? Was verdient eine Näherin in Indien, Vietnam oder Indonesien damit, dass sich Jugendliche mehrmals im Jahr Klamotten für wenig Geld leisten können? Und wie kann die Modeindustrie mehr in ihre gesellschaftliche Pflicht genommen werden?

Mit solchen und ähnlichen Fragen beschäftigten sich 16 Berufsschüler*innen des Gertrud-Bäumer-Berufskolleg in Duisburg gemeinsam mit der Bonner Frauenrechtsorganisation FEMNET e.V. Im Rahmen des Unterrichtfachs Wirtschaftslehre erfuhren die angehenden Bekleidungstechnischen Assistentinnen viel über die Konsequenzen von Fast Fashion und diskutierten ihre eigene zukünftige Rolle in der Branche. Insgesamt acht Wochen lang befassten sie sich mit Güte-Siegeln, Produktionsbedingungen und nachhaltigen Modelabels. Aus alten Stoffresten, Materialien und Kleidungsstücken planten, schnitten und nähten sie kreative, individuelle Upcycling-Kleidungsstücke, die sich durchaus auch in Boutiquen und Museumsshops von Berlin oder New York zeigen ließen: Stofftiere aus alten Socken, ein alter Rucksack, der zu einer schicken Handtasche umgenäht wurde, ein Oberteil aus alten Stoffmasken. Sogar die Schneiderbüsten, auf denen die Ergebnisse präsentiert wurden, hatten die Schüler*innen mit alten Stoffballen überzogen. Alle Beiträge werden am Ende auf einer Abschlussveranstaltung mit Modenschau in der Schule vorgestellt. 

„Die Schüler*innen waren begeistert und mit der Zeit kamen immer mehr Ideen und alle wollten sich intensiv einbringen“, sagt Rita Rennert, die das Projekt als Lehrerin für Wirtschaftslehre, Politik, Werkstoffkunde und Gestaltung betreute. Die meisten ihrer Schüler*innen kauften ihre Kleidung bereits sehr bewusst ein, viele über Secondhand-Plattformen wie Vinted oder stöberten – ganz analog – in Secondhand-Shops nach individuellen Schätzen. Und natürlich änderten oder nähten sich viele ihre Kleidung auch selbst. „Das Projekt war für mich selbst und natürlich die Schüler*innen spannend, weil sie die Berufsgruppe sind, die später an verschiedenen Stellen der Modebranche arbeiten werden und sich kritisch mit dem Thema auseinandersetzen“, so Rennert.

Das große Interesse der Duisburger Schüler*innen zeigt: Nachhaltigkeit und fairer Konsum sind in der Gesellschaft angekommen. Gerade junge Menschen wollen die Bilder und Berichte von giftverschmutzten Flüssen, katastrophale Arbeitsbedingungen und eingestürzten Fabrikhallen nicht mehr einfach hinnehmen und sind interessiert und motiviert, sich aktiv für einen Wandel zu engagieren. Die Probleme sind hinreichend bekannt – und doch, der Schritt vom Wissen zum Handeln bleibt oft aus, weil Handlungsansätze fehlen. Hier setzt FEMNET mit einem stetig wachsenden, umfangreichen Bildungsangebot aus fachlich geschulten Referent*innen und speziell entwickelten Lehrmodulen für Studierende, Vorträgen, Besuchen von Südgästen und vielem mehr an.

In Workshop-Projekten wie „Aktiv für Menschenrechte“ erarbeiten Studierende moderelevanter und wirtschaftswissenschaftlicher Studiengänge, Schul-Initiativen und AGs sowie ihre Lehrkräfte, aber auch Berufsschüler*innen wie die des Gertrud-Bäumer-Berufskollegs Möglichkeiten für das eigene Engagement. Durch die gemeinsame Projektarbeit werden junge Menschen zu Multiplikator*innen für eine faire Bekleidungsindustrie und tragen dazu bei, die Bildungslandschaft nachhaltiger zu gestalten.

Gerade in einer eher sozialschwachen Region wie Duisburg sei so ein Engagement und die Unterstützung von jungen Menschen besonders wichtig, so Lehrerin Rita Rennert. Die Schüler*innen möchten sich auch nach Projektende noch intensiver mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen, viele gerne ein Praktikum bei einem nachhaltigen Label absolvieren, um faire Modeproduktion auch in der Praxis zu erleben. Einige planen, im Anschluss an ihre Ausbildung ein duales Studium Modedesign zu beginnen. Es sind Träume von jungen Menschen, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen wollen, sich aber auch ihrer Rolle als Gestalter*innen unserer Gesellschaft von morgen bewusst sind.

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