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Partnerreise nach Bangladesch und Indien

Der enge Kontakt und regelmäßige Austausch mit unseren Partner*innen und mit Näher*innen vor Ort bildet die Grundlage unseres Engagements für Rechtestärkung, Sorgfaltspflicht und faire Einkaufspraktiken im globalen Süden.

Auf ihrer Reise im Februar haben sich FEMNET-Vorstandsvorsitzende Dr. Gisela Burckhardt, Geschäftsführerin Johanna Hergt und Daniela Wawrzyniak, Koordinatorin des Auslandsbereiches, ein Bild von den Fortschritten unserer Projektarbeit gemacht und mit unseren lokalen Partner*innen zukünftige Vorhaben entwickelt. Ein Reisebericht in Bildern.

 

Besuch im Büro der Umweltorganisation ESDO (Environmental and Social Development Organisation) in Ashulia, Bangladesch. Ashulia gehört zu einem dichtbesiedelten Standort für die Textilproduktion; die Umweltverschmutzung in der Region ist massiv. Planungsgepräch zum zukünftigen Projekt zur Reduzierung der Folgen für Arbeiter*innen.
Regionales Büro der Gewerkschaft NGWF in Ashulia. Arbeiter*innen berichten über die schlechten Arbeitsbedingungen in den umliegenden Fabriken und über Umweltprobleme, wie etwa mit Plastiktüten verstopfte Abwasserkanäle oder giftiges und ungefiltert abgeleitetes Abwasser.
Interview mit Arbeiter*innen im Gewerkschaftsbüro von NGWF in Dhaka, Bangladesch: Die Frauen haben eine Entschädigung erhalten, weil NGWF für sie Rechtsbeistand geleistet hat, vermittelt durch den Rechtshilfefonds von FEMNET. 98 Prozent aller Fälle, die NGWF vor Gericht bringt, sind erfolgreich.
Besuch beim Women Café der Frauenrechtsorganisation Karmojibi Nari in Dhaka, Bangladesch. Hier können sich Frauen nicht nur treffen und austauschen. Sie erhalten auch gezielte individuelle Beratung.
Am Denkmal des Rana Plaza Gebäudes legen Dr. Gisela Burckhardt und Amin Amirul Haque, Präsident der Gewerkschaft NGWF, Blumen nieder und sprechen mit Waisen und Verwandten von Opfern.
Daniela Wawrzyniak und Dr. Gisela Burckhardt nehmen an einer Demonstration der Gewerkschaft NGWF teil. Die Demonstrant*innen fordern Entschädigungszahlungen für nicht ausbezahlte Löhne von 1.400 Arbeiter*innen des Produzenten Honorway Textiles. Die Fabrik wurde bereits vor der Corona-Pandemie geschlossen, nachdem der Besitzer verschwunden war. Seitdem reißen die Proteste nicht ab.
Johanna Hergt mit Mitarbeitenden der Nichtregierungsorganisation BCWS bei der Prüfung von Projektbelegen.
Hausbesuch bei Heimarbeiter*innen im Dorf Avanashi bei Tiruppur (Südindien). Auf diesen Decken verarbeiten die Näher*innen Blusen, Shirts und Hosen. Die Bezahlung erfolgt nach Stückzahl; eine Arbeiter*in erhält für das Säumen von 600 T-Shirts umgerechnet etwa 7 € pro Tag. Die monotone Arbeit dauert im Schnitt sechs Stunden. Die Situation der sogenannten Home-based workers ist besonders prekär, da sie jederzeit ohne Aufträge und Einkommen dastehen können – von einer Absicherung im Falle von Krankheit oder einer Altersvorsorge ganz zu schweigen.
Ein Blick ins Büro von READ (Rights Education And Development Centre): Die indische Organisation setzt sich seit 2001 für die Rechte der besonders Benachteiligten ein, wie etwa Migrant*innen, die im informellen Sektor arbeiten. Oft gehören sie der unterprivilegierten Kaste der Dalits, der Unberührbaren, an. Ihre Chancen auf einen gesellschaftlichen Aufstieg stehen in der Regel schlecht, sodass sich die meisten in ihr Schicksal fügen. Und das bedeutet allzu oft: Harte Arbeit zu Hause oder in den Fabriken, wo sie zwölf Stunden pro Tag schuften für einen Monatslohn von umgerechnet 136 Euro, hinzukommen – oft unbezahlte – Überstunden.
Der Gründer von READ, R. Karuppusamy stellt eine neue Projektidee vor: So will die Organisation künftig Frauen in sogenannten „Legal Clinics“ über ihre Rechte aufklären und ihnen helfen, diese vor Gericht durchzusetzen – etwa bei unzulässigen Entlassungen, unbezahlten Überstunden oder Gewalt in den Fabriken. Neben den Entschädigungen, die sie vor Ort in Indien bekommen, könnte FEMNET ihre Fälle künftig auch hierzulande im Rahmen des Lieferkettengesetzes anprangern und die einkaufenden Unternehmen aufgrund der Menschenrechtsverletzungen bei ihren Lieferanten zur Verantwortung ziehen.
Spindel um Spindel: Arbeiterinnen in einer Spinnerei in der Nähe von Coimbatore, Indien. Der Lärm ist ohrenbetäubend, die Luft voller Baumwollflusen, die sich auch in den Haaren der Frauen verfangen – einige wirken fast grau, ein herber Kontrast zu ihren jugendlich wirkenden Körpern. Viele von ihnen sind Migrantinnen aus armen ländlichen Regionen wie Jharkhand oder Odisha. Sie leben in Hostels auf dem Fabrikgelände, die sie nur mit Erlaubnis der Aufseher verlassen dürfen. Laut unserer Partnerorganisation SAVE (Social Awareness and Voluntary Education), mit der wir die Fabrik besuchten, kommt es vermehrt zu Konflikten zwischen Migrant*innen und Menschen aus der Region – sie konkurrieren um die Arbeitsplätze. Seit der Corona-Pandemie sind die Spinnereien im Schnitt nur noch zu 60 Prozent ausgelastet.
Workshop zu Beschwerdemechanismen, den unsere Partnerorganisation CIVIDEP in Bangalore organisierte. Dort kamen Vertreter*innen von unterschiedlichen NGOs und Gewerkschaften aus verschiedenen Regionen Indiens zusammen. Dieser Austausch der Organisationen ist wesentlich, um die Arbeit besser zu vernetzen. Oft pochen die Gewerkschaften auf ihre Schlüsselposition und unterschätzen die wichtige Rolle von Grassroots-Organisationen, die meist engere Verbindungen zu den Menschen vor Ort haben.
Gute Übereinkunft: Treffen mit Vertreterinnen der Organisation Asia Floor Wage Alliance und der Gewerkschaft TTCU (Tamil Nadu Textile and Common Labour Union) zum Dindigul Agreement. Diese Vereinbarung haben die Organisationen gemeinsam mit westlichen Herstellern und einem Lieferanten in Südindien ausgehandelt, um Frauen in den Fabriken besser vor Gewalt schützen zu können. Hintergrund ist die Ermordung einer Arbeiterin durch ihren Aufseher. Nun können sich Gewerkschaftsvertreter*innen frei in der Fabrik für Arbeiter*innen einsetzen.
Die FEMNET-Kolleginnen Daniela Wawrzyniak und Johanna Hergt In heiliger Gesellschaft: Kühe gehören nicht nur in Bangalore zum Straßenbild. Während ihrer Reise rund um den Valentinstag in Indien, erteilte die indische Regierung den Erlass, anstatt den westlichen Liebestag zu feiern, lieber der Kuh – der „Mutter der Nation“ – zu huldigen.

© FEMNET, Gisela Burckhardt & Johanna Hergt

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