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Protestierende Demonstrant*innen in Myanmar

© Nyan Zay Htet

Im Kampf gegen das Militär und die Pandemie: Myanmars Textilarbeiterinnen weiterhin in extremer Notlage

Der Anfang Februar verübte Putsch des Militärs hat schwere Folgen für die Textilarbeiter*innen in Myanmar. Viele Arbeiterinnen haben ihre Jobs verloren, Gewerkschafterinnen werden verfolgt und müssen untertauchen. Seit Juni steigen nun auch noch die Corona-Fallzahlen und erschweren die Situation der Menschen, die für Demokratie in ihrem Land kämpfen. Das Militär nutzt die Pandemie als Waffe gegen das Volk und erschwert den Zugang zu medizinischer Versorgung.

Seit fast einem halben Jahr kämpfen die Menschen in Myanmar gegen das Militär, das Anfang Februar einen Putsch gegen die demokratische Regierung verübte und seither gewaltsam gegen friedliche Demonstrierende vorgeht. Es gibt zahlreiche Berichte über Folter und andere Formen von Misshandlungen durch das Militär. Nach Angaben der Assistance Association for Political Prisoners (AAPP) wurden in den letzten Monaten über 900 Menschen von den Tatmadaw, den militärischen Streitkräften Myanmars, ermordet. Die UNO schätzt, dass 230.000 Menschen durch die Kämpfe in Myanmar vertrieben wurden. Doch die Proteste von Studierenden, Jugendlichen, Lehrer*innen und Arbeiter*innen, die sich zum Civil Disobedience Movement (CDM) zusammengeschlossen haben, halten unvermindert an. UNO, ILO, EU, USA und viele andere Länder verurteilen das Vorgehen der Militärs; die Machthaber zeigen sich indessen unbeeindruckt: Tag und Nacht machen sie Jagd auf Arbeiter*innen, auf den Straßen und bei Hausdurchsuchungen.

Der Kampf für Demokratie hat einen hohen Preis

Das Engagement vieler Arbeiter*innen für die Bewegung bedeutet längere Einkommenseinbußen, oft den Verlust des Arbeitsplatzes und möglicherweise der Freiheit. Mehr als 100.000 Arbeiter*innen haben ihre Jobs verloren. Ihnen und ihren Familien fehlt es an Lebensmitteln, Medikamenten und lebensnotwendigen Gütern. So ergeht es auch den Textilarbeiterinnen, die sich mutig der illegalen Militärregierung entgegenstellen. Teilweise müssen Fabriken aufgrund ausbleibender Aufträge schließen, teilweise müssen sich Arbeiter*innen vor dem Militär verstecken und gehen nicht mehr zur Arbeit. Auch wenn einige Fabriken ihre Produktion wieder aufgenommen haben, trauen sich die Frauen aufgrund willkürlicher Angriffe des Militärs innerhalb der Industriezonen nicht zur Arbeit. Viele Arbeiter*innen geraten so ungewollt in die Arbeitslosigkeit, ohne je mit Entschädigungszahlungen rechnen zu können.

Mit besonderer Härte trifft es gewerkschaftlich organisierte Frauen.  Das Militär erzwingt von Fabriken Namen und Adressen der Gewerkschafter*innen, um sie zu verfolgen, zu schikanieren oder zu verhaften. Nicht wenige tauchen deswegen unter und haben so enorme Kosten für Reisen, Lebensmittel und geheime Unterkünfte. Ein großer Teil davon sind Frauen mit Kindern.

Das Militär verhaftet Gesundheitspersonal und beschlagnahmt Sauerstoff-Zylinder

Die politische Krise wird durch die seit Anfang Juni rasant in die Höhe schnellenden Corona-Fallzahlen in ihrer Dimension noch gesteigert. Das Militär hat Mitarbeiter*innen des Gesundheitswesens ins Visier genommen, 360 Haftbefehle gegen Pflegekräfte ausgestellt und 215 Ärzt*innen angeklagt. Teilweise werden Pfleger*innen verhaftet, während sie verletzte Patient*innen behandeln. Ärzt*innen, die unentgeltlich Patient*innen behandeln, wurden Geldstrafen auferlegt. Das Militär plündert zudem medizinisches Equipment und beschlagnahmt Krankenwagen. Der Zugang zu dem für an COVID-19-Erkrankte überlebenswichtigen Sauerstoff wird vom Militär erschwert, indem private Auffüllstationen überfallen und Sauerstoff-Zylinder in Beschlag genommen werden.

Die Industrial Workers‘ Federation of Myanmar (IWFM) fordert Unternehmen auf, keine Aufträge mehr in Myanmar zu platzieren

In einer Videobotschaft schildert eine Näherin und Gewerkschafterin aus Yangon die Situation der Näherinnen. Viele von ihnen wurden wegen ihrer Teilnahme an Protesten gefeuert, doch sie wollen weiterkämpfen, bis die Revolution siegt. Die Gewerkschaftspräsidentin der IWFM, Khaing Zar Aung, berichtet, dass einige internationale Modeunternehmen mit den Gewerkschaften in Kontakt waren – so z.B. H&M. Die Gewerkschaften haben sich gegen die Wiederaufnahme der Auftragsvergabe der Modeunternehmen ausgesprochen, da die Arbeitsrechte der Näherinnen massiv verletzt werden. Abkommen und Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen sind nicht mehr gültig. Dennoch platzieren H&M und andere Marken nach kurzer Pause wieder Aufträge im Land. Khaing Zar Aung sagt „Marken, die weiter in Myanmar bestellen, tun dies, um zu profitieren, nicht für die Näherinnen! Mit der Platzierung von Aufträgen unterstützen die Textilunternehmen die Zulieferer, die wiederum damit die Wirtschaftsbereiche der Militärdiktatur stärken. Meiner Meinung nach verbreiten die Marken auf internationaler Ebene eine falsche Botschaft, solange sie in Myanmar bestellen“.

FEMNET unterstützt mit Spenden dutzende Arbeiterinnen und Gewerkschafterinnen

Um Textilarbeiterinnen zu unterstützen, die sich am CDM beteiligen, arbeitet FEMNET eng mit der Confederation of Trade Unions Myanmar (CTUM) zusammen. Von Mai bis Juni konnten 130 Arbeiterinnen aus fünf Textilfabriken, die untergetaucht waren oder sich in großen finanziellen Schwierigkeiten befanden, durch Spenden unterstützt werden. Jede von ihnen bekam ca. 40€ als Unterstützung. Das Geld hilft den Frauen, um im Untergrund zu überleben.

FEMNET unterstützt die Gewerkschaftsmitglieder und Arbeiter*innen, die ihr Leben im Widerstand gegen eine menschenverachtende Gewaltherrschaft aufs Spiel setzen. Jede Spende für den Unterstützungsfonds hilft.

 

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