Bündnisinitiative Tamil Nadu © FEMNET | Gisela Burckhardt Bündnisinitiative Tamil Nadu Tamil Nadu ist einer der Hotspots der indischen Textilindustrie. In den etwa 2.000 Spinnereien des Bundesstaates arbeiten zu 80 Prozent junge Frauen und Mädchen. Landesweit stellen sie die größte Menge von Garnen und Fasern her. Ihr Arbeitsleben ist geprägt von Ausbeutung durch Pauschalverträge, Löhne unterhalb des offiziellen Mindestlohns, exzessiven Überstunden, der Unterdrückung von Gewerkschaften, mangelnder Vereinigungsfreiheit und geschlechtsspezifischer Gewalt. Dabei fehlt es zumeist nicht an entsprechenden Gesetzen und Vorschriften, sondern an deren Einhaltung und Durchsetzung. 1. Projektphase: Bewußtsein schaffen Zu den schwersten Arbeits- und Menschenrechtsverstößen zählt insbesondere in Tamil Nadu das Sumangali- oder Camp-Labour-System, unter dem vor allem sehr junge Mädchen zwischen 14 und 18 Jahren Zwangsarbeit leisten müssen. Mit der Bündnisinitiative Tamil Nadu kämpfen wir gegen diese und jede andere Form der Ausbeutung in dem südindischen Bundesstaat. Die Initiative, die wir im Rahmen des Textilbündnisses mit unserer Partnerorganisation SAVE ins Leben gerufen haben, will eine umfassende, systemische Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der gesamten Textil- und Bekleidungsindustrie Tamil Nadus erreichen. Während der 1. Projektphase von Juli 2018 bis Juni 2020 arbeiten unsere Partner*innen von SAVE vor Ort an der Umsetzung dieses Ziels. Erfolge In rund 200 Spinnereien wurden insgesamt 24.500 Arbeiter*innen und 2.000 Fabrikmanager*innen zu Arbeits- und menschenrechtlichen Standards geschult und mehr als 240 Beschwerde-Komitees eingerichtet. Darüber hinaus trug der regelmäßige Austausch auf Distrikt- und Bundesebene zwischen den Stakeholdern aus Regierung, Wirtschaft, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft dazu bei, mehr Vertrauen und Transparenz zu schaffen und gemeinsame Aktionspläne zu formulieren. Die 2. Projektphase setzte neue Schwerpunkte Im November 2021 startete die zweite Projektphase der Bündnisinitiative Tamil Nadu, die im März 2023 endete. In dieser Phase wurden zehn Pilotfabriken pro Distrikt ausgewählt, um die Trainings in Bezug auf Umfang und Qualität ausbauen zu können. Neu sind auch unabhängige Personen für das Monitoring. Sie sollen den Fortschritt und die Funktionalität der fabrikinternen Beschwerdekomitees begleiten und überprüfen und sich außerhalb der Fabriken mit den Arbeiter*innen austauschen. Über die jeweiligen Distriktkoordinator*innen von SAVE ist ein direkter Austausch zwischen den Modulen „Dialog“ und „Trainings“ geschaffen. Die Distriktkomitees sind weiterhin mit Repräsentant*innen von Regierung, Unternehmen und Verbänden sowie NGOs und Gewerkschaften besetzt. Sie setzen sich konkrete Meilensteine, um die strukturellen Probleme in den Spinnereien und Fabriken zu adressieren und die Arbeitsbedingungen auf Dauer zu verbessern. Projekt in 2023 erfolgreich beendet Das Projekt endete wie geplant am 31.3.2023. Es konnten in 31 Spinnereien erfolgreich Beschwerdekomitees (GRC) und in 32 Spinnereien ICC, Komitees, die sich speziell um Frauendiskriminierung kümmern, eingerichtet werden. Hervorzuheben ist die hohe Anzahl an Beschwerden, die im Projektzeitraum eingingen. Eine hohe Anzahl von Beschwerden ist ein gutes Zeichen, weil es zeigt, dass die Arbeiterinnen Vertrauen haben, diese einzuaqreichen. Dies geschah bei den Trainings in den Fabriken, die SAVE durchgeführt hat. Rund 2800 Arbeiterinnen, die Mehrheit weiblich, nahmen an den Trainings in 40 Spinnereien teil. Über 2500 Beschwerden bezogen sich auf frauenspezifische Themen, von denen rund 39 Prozent gelöst werden konnten. Rund 7900 Beschwerden wurden gesammelt, die sich um Lohnzahlungen, Überstunden, Kinderarbeit u.a. drehten, von denen nur 643 zufrieden stellend geklärt werden konnten. Insgesamt ist festzuhalten, dass es eine besondere Herausforderung ist, in Spinnereien tätig zu werden, da die teilnehmenden Marken meistens keine direkte Beziehung zu den Spinnereien haben. Umso erstaunlicher war es, dass SAVE in den Spinnereien Trainings durchführen konnte. Dennoch ändern diese Trainings nicht grundsätzlich die Arbeitslage in den Fabriken, da die Fluktuation der Beschäftigten hoch ist und immer wieder neue Schulungen nötig sind. Mit Trainings allein kommt man zu keiner strukturellen Verbesserung. Dafür ist der Aufbau von effektiven Betriebsräten mit Unterstützung von Gewerkschaften nötig. Dagegen sträuben sich allerdings die meisten Besitzer von Spinnereien und Fabriken. Projektinformationen - Themenbereich:Bündnis für nachhaltige Textilien (Textilbündnis)- Ziel:Verbesserte Arbeitsbedingungen in südindischen Spinnereien durch funktionierende Beschwerdemechanismen und kontinuierlichen Social Dialogue- Land:IndienDeutschland- Bündnispartner/Hauptpartner:FEMNET e.V., Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), HUGO BOSS AG, KiK Textilien & Non Food GmbH, Otto Group, Tchibo GmbH- Assoziierte Partner:Transfair e.V., Brands Fashion- Partner vor Ort:Multi-Stakeholder-Initiative Tamil Nadu (MSI-TN) sowie SAVE als Sekretariat der MSI-TN- Laufzeit:01.07.2018 – 30.06.2020 (Projektphase 1)01.11.2021 – 30.03.2023 (Projektphase 2)- Downloads:Factsheet 'Bündnisinitiative Tamil Nadu' (PDF-Datei) Weiterführende Informationen Projektinformationen auf der Homepage des Bündnis für nachhaltige Textilien Zweite Konferenz der Bündnisinitiative Tamil Nadu 2020 (Nachricht) Erste Konferenz der Bündnisinitiative Tamil Nadu (Nachricht) Fact Sheet zur Bündnisinitiative Tamil Nadu (PDF-Datei) Webseite der MSI Tamil Nadu mit zahlreichen Videos zurück