Nachrichten aus den Produktionsländern Nachrichten aus Indonesien © FEMNET 13. Dezember 2024 Gesunde Frauen, bessere Arbeit: Ein Reisebericht Verbindliche Regeln für den Schutz von Frauen in den Fabriken, medizinische Versorgung für Heimarbeiterinnen: Unsere Partnerorganisation Trade Union Rights Centre (TURC) setzt sich für Frauengesundheit in der indonesischen Schuhproduktion ein. Unsere Mitarbeiterinnen Daniela Bartsch und Johanna Thomas-Hergt waren im November 2024 zum Projektbesuch in Jakarta. Bürobesuch bei unserer Partnerorganisation Trade Union Rights Centre (TURC) in Jakarta © FEMNET Didit, Nitya, Tuti und Kiki bieten uns einen Einblick in das gemeinsame Projekt zu gendergerechtem Gesundheitsschutz. Mit Unterstützung der lokalen Gewerkschaften hat TURC einen Zugang zu den großen Schuhfabriken rund um Jakarta gefunden, in denen unter anderen große Marken wie Adidas, Nike, Puma und New Balance für den Weltmarkt produzieren. Das Ziel: Die Arbeitsbedingungen für Frauen zu verbessern, indem dort verbindliche Regeln zum Gesundheitsschutz gelten. Die Arbeiterinnen leiden wegen der belastenden Tätigkeit unter körperlichen Gebrechen wie Rückenschmerzen oder Harnwegsinfekten. Denn sie haben Angst, ihre Produktionsziele zu verfehlen, wenn sie zur Toilette gehen. Daher sitzen sie mitunter ohne Pause bis zu zehn Stunden an den Maschinen. Schaffen sie das Pensum nicht, müssen sie mit Demütigungen und Beschimpfungen rechnen. Auch Gewalt und Übergriffe von männlichen Vorarbeitern sind eine Gefahr für die Frauen. Fabrikbesuch © FEMNET Freundlicher Empfang in der Fabrik Parkland World Indonesia 2, wo rund 9.000 Arbeiter*innen täglich 42.000 Schuhe für New Balance produzieren. Die koreanische Managerin dieser hochautomatisierten „Worlds leading New Balance Factory“ engagiert sich für Frauen- und Gesundheitsprogramme – auch im Rahmen unseres Projektes. So gibt es Unterstützung für schwangere Arbeiterinnen oder bezahlten Urlaub bei Fehlgeburten. Zudem haben sie mehrere Möglichkeiten, sich bei Problemen zu beschweren – insbesondere auch über die in der Fabrik aktive Gewerkschaft. Dahinter steckt das Kalkül: Zufriedene und gesunde Belegschaft, weniger Fehlzeiten und Personalwechsel. Gewerkschaftsarbeit – Frauenpower in der zweiten Reihe © FEMNETIn der Fabrik Nikomas stellen über 50.000 Arbeiter*innen Sportschuhe für große Marken wie Nike und Adidas her. Über 90 Prozent der Belegschaft sind in der Gewerkschaft SPN organisiert. Einerseits schafft dies Einfluss – so verhandeln die Gewerkschaften hier leichter mit dem Management als in Indien oder Bangladesch. Andererseits ist ihr Spielraum beschränkt: Die Fabrikleitung verweist auf den Druck der einkaufenden Unternehmen, der Staat setzt die Mindestlöhne fest. Frauen haben es schwer, sich gewerkschaftlich zu engagieren. Dahinter stecken Konkurrenzdenken in der Fabrik und Verbote aus der Familie – oft verhindern die Ehemänner diese zeitintensive Tätigkeit. Frauen gehören ins Haus und an den Brunnen, so die landläufige Devise. Heimarbeiterinnen in Nord-Jakarta © FEMNETDiese Frau klopft und klebt für umgerechnet zwei Cent pro Paar Schuhsohlen in dem kleinen Zuhause, wo sie mit Mann und Tochter lebt. Es ist heiß, stickig und riecht nach Klebstoff. Diesen holt sie am Anfang des Monats mit dem Motorrad von der Fabrik ab – und muss ihn selbst zahlen. Wenn die Familie mithilft, kann sie bis zu 200 Paare Schuhe pro Tag kleben, damit verdient sie rund zwei bis vier Euro. Das sind nur knapp 40 Prozent des Fabriklohnes und reicht kaum zum Leben, ganz abgesehen von den giftigen und belastenden Umständen in den eigenen vier Wänden. Sie arbeitet in der Regel nur nachts, da der Klebstoff ätzend ist und die Dämpfe das Umfeld belasten – es ist eine eintönige und belastende Tätigkeit, insbesondere ihr Rücken schmerzt. Viele Home-based Workers erleiden Fehlgeburten, sind klebstoffsüchtig, haben eine zerstörte Lunge oder Krebs. Die Wohnsituation in Nord-Jakarta © FEMNET© FEMNET Gefangen im Slum von Nord-Jakarta, in dem rund 400 Heimarbeiterinnen leben und arbeiten: Ein übelriechender Abwasserkanal fließt durch das Viertel, an dem Kinder mit dem schmutzigen Wasser spielen, die hüttenähnlichen Häuser sind heruntergekommen und dunkel, immerhin gibt es eine Schule, die auch die Kinder der Home-based Workers besuchen können, allerdings nur bis zur sechsten Klasse. Mit zwölf Jahren ist meistens Schluss, einzige Option bleibt oft das Schuhekleben. Perspektiven Im Rahmen unseres Projektes unterstützt TURC die Organisation Homenet, die sich um die Frauen kümmert. So konnte TURC die lokale Gesundheitsbehörde gewinnen, eine mobile Gesundheitsstation einzurichten, wo Ärzte und Schwestern alle drei Monate rund 50 Heimarbeiterinnen medizinisch versorgen – ihre einzige Chance auf eine Behandlung. Kategorie: Nachrichten aus Indonesien