Nachrichten zu unserer Arbeit - Unternehmensverantwortung

Textilarbeiterin an Nähmaschine in Fabrikhalle in Bangladesch

© FEMNET

Zalando setzt auf Wachstum statt soziale Werte

Die diesjährige Generalversammlung von Zalando Mitte Mai bot Anlass für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Unternehmen durch FEMNET und den Dachverband kritischer Aktionärinnen und Aktionäre. Im Fokus der Diskussion standen die Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit des Online-Versandhändlers.

Zalando hat im vergangenen Geschäftsjahr 10,1 Mrd. Euro Umsatz erzielt und nach eigenen Aussagen ein „beachtliches Finanzpolster“ aufgebaut. Dieses soll laut Unternehmen vollständig in „strategisch wichtige Bereiche“ investiert werden. Die Aktionär*innen wurden deshalb bei der Hauptversammlung erneut dazu aufgefordert, auf ihre Dividende zugunsten des Geschäftswachstums zu verzichten. Gleichzeitig sind trotz dieser großen Gewinne keine nennenswerten Verbesserungen der sozialen Standards in den Lieferketten zu erkennen.

Kein Kontakt zur Arbeitnehmer*innenseite

Zalando erhebt nach wie vor keine Daten zur Existenz von Gewerkschaften und Betriebsräten in den Produktionsstätten. Dies deutet darauf hin, dass der Kontakt zur Arbeitnehmer*innenseite nicht aktiv gesucht wird, wodurch ein zuverlässiger Arbeitsschutz nicht gewährleistet werden kann. Für eine konsequente Umsetzung von Arbeitsrechten ist der direkte Kontakt zur Arbeitnehmer*innenseite jedoch unabdingbar. Ohne Daten lassen sich keine Rückschlüsse auf Verstöße ziehen und entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten. Dadurch verhindert das Unternehmen eine verlässliche Kontrolle der Umsetzung seiner ethischen Standards und kann nicht garantieren, dass wichtige Informationen bei den Arbeitenden ankommen. Ein Beispiel dafür ist die Übermittlung der Liste mit verwendeten Schadstoffen. Zalando teilt diese Liste nur den Zulieferern mit, nicht aber den Fabrikarbeiter*innen.

Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ist verbesserungswürdig

Auch im Bereich des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) sind nach Einschätzung von FEMNET und dem Dachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre Verbesserungen erforderlich. In Zalandos eigenem LkSG-Bericht heißt es, dass die Risikoanalyse nachgebessert werden muss. Dementsprechend unbefriedigend sind die Antworten der Vorständin Dr. Sandra Dembeck auf die Fragen zur Wirksamkeit der darauf basierenden Maßnahmen. Zwar gibt es verschiedene Daten zur Bewertung dieser Maßnahmen, jedoch fehlen branchenweite Vergleichswerte für eine sinnvolle Auswertung, so die Vorständin.

Sehr kritisch zu betrachten ist zudem die Art und Weise, wie die LkSG-Standards bei Lieferant*innen geprüft werden. Die von Zalando beauftragten Audits werden in 98 % der Fälle angekündigt, was den Fabrikbetreiber*innen eine ausführliche Vorbereitung und gegebenenfalls Anpassung an die vereinbarten Standards ermöglicht. Dies verhindert jedoch eine unabhängige Prüfung und Bewertung der Arbeitssituation, da systematische Verstöße bei angemeldeten Audits unentdeckt bleiben können. Außerdem verlangt Zalando keine Befragung der Arbeiter*innen außerhalb der Fabrik durch Vertrauenspersonen, um diesen die Möglichkeit zu geben, in einer geschützten Atmosphäre zu antworten." .

Fehlende geschlechtsspezifische Daten

FEMNET e.V. und der Dachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre haben bereits bei der vergangenen Generalversammlung im letzten Jahr nach der geschlechtssensiblen Erhebung von Lohninformation gefragt. Daraufhin hat Zalando die Erhebung von Daten zum Gender Pay Gap angekündigt. Die Datenerhebung wurde allerdings nicht durchgeführt. Gründe für die Verzögerung dieses Vorhabens werden nicht genannt, lediglich auf das Fehlen dieser Daten in den Auditierungsformaten wird hingewiesen.

Aussicht auf existenzsichernde Löhne bei Zalandos Eigenmarken?

Es ist positiv zu bewerten, dass die neue Nachhaltigkeitsstrategie von Zalando das Ziel beinhaltet, einen existenzsichernden Lohn innerhalb der Eigenmarken anzustreben. Es scheint, dass diese Bemühungen nicht über die Mitgliedschaft bei der Initiative ACT (Act on Living Wages) hinausgehen. Es bleibt abzuwarten, welche Schritte Zalando zur Umsetzung tatsächlich ergreift.

Auch nach der diesjährigen Generalversammlung lässt sich keine klare Verbesserung der Arbeitsbedingungen erkennen. Insbesondere in Bezug auf die Gewährleistung existenzsichernder Löhne und das Fehlen geschlechtsspezifischer Daten besteht weiterhin dringender Handlungsbedarf seitens Zalando. Trotz der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel scheint das Unternehmen noch nicht ausreichend in Bereiche der Nachhaltigkeit, insbesondere in soziale Aspekte, investiert zu haben.

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