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Gewerkschaften in Myanmar fordern umfassende Wirtschaftssanktionen

In der Berichterstattung über die Situation in Myanmar ist es ruhiger geworden. Doch das Land und seine Bevölkerung leiden weiterhin unter den gewaltsamen Repressalien der Militärs. Im Gespräch mit dem internationalen Gewerkschaftsverband IndustriALL erläutert Gewerkschaftspräsidentin Khaing Zar, warum interner Widerstand allein nicht ausreicht.

Die Confederation of Trade Unions of Myanmar (CTUM) fordert umfassende Wirtschaftssanktionen gegen das Land und eine Isolierung des Militärregimes durch die internationale Gemeinschaft. Die CTUM ist Teil des aus 16 Mitgliedern bestehenden Gewerkschaftsbündnisses, das die gesamte Gewerkschaftsbewegung des Landes vertritt.

"Es gibt keine Rechte für Gewerkschaften ohne politische Freiheit", erklärte Gewerkschaftsführerin Khaing Zar, Präsidentin der Industrial Workers Federation of Myanmar (IWFM) und Vorstandsmitglied der CTUM.

„Unsere Gewerkschaften können nicht arbeiten. Viele unserer Gewerkschaftsführer*innen wurden verhaftet oder sind untergetaucht, nachdem Haftbefehle gegen sie erlassen wurden. Tarifverträge wurden gekündigt. Die Arbeitgeber*innen geben Namen, Bilder und persönlichen Daten von Gewerkschaftsmitgliedern an das Militär weiter. Sie nutzen die Situation aus, um Festangestellte loszuwerden und Gelegenheitsarbeiter für weniger als den Mindestlohn in unsicheren Fabriken ohne Schutz gegen Corona zu beschäftigen.

Globale Marken, die in Myanmar investieren, haben nicht genug getan, um die Arbeiter*innen zu schützen. Das Leben der Arbeiter*innen wird sich nicht verbessern, solange wir dieses Regime nicht abschaffen. Um dies zu erreichen, müssen wir ihnen den Zugang zu allen Ressourcen verwehren. Wenn sie kein Geld haben, können sie keine Waffen kaufen, um Menschen zu erschießen, und sie werden die Kontrolle verlieren."

Die CTUM hatte den Boykottaufruf ursprünglich in einer Botschaft an die internationale Gewerkschaftsbewegung zum 1. Mai veröffentlicht und um Unterstützung für die "Bekämpfung und Vertreibung des Regimes" gebeten.

Der globale Gewerkschaftszusammenschluss IndustriALL stellte die Legitimität des Militärregimes auf der Internationalen Arbeitskonferenz in Frage. Im Juni verabschiedete die ILO eine Erklärung, in der die Rückkehr zur Demokratie gefordert wurde. IndustriALL-Mitgliedsorganisationen beteiligten sich an einer Reihe von Solidaritätsaktionen, und das Exekutivkomitee verabschiedete im April eine Solidaritätserklärung.

Myanmar nahm 2009 eine neue Verfassung an und hatte von 2012 bis zum Militärputsch am 1. Februar 2021 eine zivile Regierung. Unter der Zivilregierung haben die Gewerkschaften trotz erheblicher Herausforderungen bedeutende Fortschritte erzielt. Die CTUM erreichte wichtige Verbesserungen beim Mindestlohn und bei den Arbeitszeiten.

Im November 2019 handelten IWFM und IndustriALL Richtlinien zur Vereinigungsfreiheit aus, die von den ACT-Mitgliedsmarken anerkannt wurden und 200 Fabriken sowie 130.000 Beschäftigte abdeckten. Diese Regelung sorgte dafür, dass die Arbeitgeber*innen das Recht auf friedliche Demonstrationen respektierten.

Am 1. Februar putschte das Militär und erhob den Vorwurf des Wahlbetrugs. Sie verhafteten den Präsidenten, Parteifunktionäre und andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Das rief massiven Widerstand hervor, und eine Bewegung des zivilen Ungehorsams legte das Land weitgehend lahm. Das Militär reagierte darauf mit brutaler Unterdrückung. Mehr als 900 Menschen wurden getötet, über 10.000 wurden verhaftet, und viele weitere müssen sich verstecken. Etwa 250.000 Menschen wurden innerhalb des Landes vertrieben. Mit der Ausbreitung der Pandemie hat das Militär die Sauerstoffversorgung monopolisiert und damit eine Gesundheitskrise ausgelöst.

Die Gewerkschaftsbewegung in Myanmar ist der Ansicht, dass eine Kombination aus internem Widerstand und externer Solidarität sowie Druck notwendig ist, um das Regime zu stürzen. Die internationale Gemeinschaft muss das Regime isolieren, die diplomatischen und geschäftlichen Beziehungen beenden und die Regierung der Nationalen Einheit als legitime Vertreterin des Volkes von Myanmar anerkennen.

IndustriALL-Generalsekretär Valter Sanches sagte:

"Der Mut und die Taten der Menschen in Myanmar, die täglich ihr Leben riskieren, um die Militärdiktatur zu stürzen, sind beeindruckend. Um diesen Kampf zu gewinnen, müssen die Forderungen der Gewerkschaften Myanmars ernst genommen und international umgesetzt werden.

Die Militärdiktatur muss aus den UN-Gremien und der internationalen Gemeinschaft ausgeschlossen werden, die Regierung der Nationalen Einheit muss anerkannt werden. Dies muss sofort auf der kommenden UN-Generalversammlung von allen internationalen Regierungen, die die Demokratie und die grundlegenden Menschen- und Gewerkschaftsrechte achten, umgesetzt werden.

Es ist auch von entscheidender Bedeutung, der Diktatur durch umfassende Sanktionen den Geldhahn zuzudrehen.

Wir werden gemeinsam mit unseren Mitgliedsorganisationen und den globalen Gewerkschaften weiterhin Solidaritätsaktionen durchführen, bis die Demokratie und die Achtung der Menschenrechte in dem Land wiederhergestellt sind.“

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Der Text wurde im englischen Original am 22. Juli 2021 auf der Homepage von IndustriALL veröffentlicht.

Foto: CC IndustriALL Global Union

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