Häufige Fragen zum 'Bangladesh Fire and Building Safety Accord'
Der Accord ist ein gesetzlich bindendes Abkommen zwischen den internationalen Gewerkschaften IndustriALL und UNI Global, Gewerkschaften in Bangladesch sowie internationalen Marken und Einzelhändlern (Unternehmen). Zudem bilden internationale NROs (Nichtregierungsorganisationen), darunter die Clean Clothes Campaign (CCC), das Workers‘ Rights Consortium, International Labour Rights Forum sowie Maquila Solidarity Network Zeugen des Abkommens. Die internationale Gewerkschaftsorganisation ILO hat einen unabhängigen Vorsitz.
Es haben mittlerweile über 200 Unternehmen unterschrieben, wie auch viele Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen. Es finden regelmäßig Überprüfungen von Fabriken bezüglich fehlender Feuerschutzmaßnahmen, unsicherer elektrischen Installationen sowie schwacher Gebäudestatik statt. Momentan gibt es 41.575 Sicherheitsmängel, die registriert und in Arbeit sind; 10248 Mängel wurden laut Fabrikangaben korrigiert, der Accord muss dies jedoch noch verifizieren; 782 Aktionen haben stattgefunden, um vorherige Mängel zu beseitigen, was bereits von dem Accord überprüft und verifiziert wurde. Außerdem wird der Status der Fabriken online sichtbar gemacht, damit die Stakeholder sich darüber informieren können, welche Fabrik wieweit die zu implementierenden Verbesserungen eingeführt hat. Weitere Informationen unter www.bangladeshaccord.org
Kernelemente des Abkommens sind:
- Es ist ein verbindliches Abkommen, kein freiwilliges, da die Unternehmen sich mit ihrer Unterschrift rechtlich dazu verpflichten, das Abkommen umzusetzen und finanziell dazu beitragen.
- Brandschutz- und Gebäudesicherheitskontrollen werden von geschulten, unabhängigen Sicherheitsexperten bei den Lieferanten der teilnehmen Unternehmen (ca. 2000 Fabriken in Bangladesch, rund die Hälfte aller Fabriken) durchgeführt.
- Unternehmen verpflichten sich, an Kosten von Umbau, Renovierung der Fabriken finanziell zu beteiligen.
- Bildung von betrieblichen Arbeitsschutzkomitees, in die die Beschäftigten ihre VertreterInnen wählen. Gewerkschaften sollen Zugang zu den Fabriken erhalten.
- Schulung der Beschäftigten in Brandschutzmaßnahmen unter Beteiligung von lokalen Arbeitsrechtsorganisationen/Gewerkschaften.
- Veröffentlichung der Prüfungsergebnisse der Fabriken, öffentliche Berichterstattung über alle Kontrollen.
- Jedes Unternehmen, das den Vertrag unterzeichnet hat, wird ja nach Größe und nach Zahl der Lieferanten in Bangladesch jährlich bis zu 500.000 US Dollar in einen gemeinsamen Topf zahlen, aus dem alle Maßnahmen des Brandschutzabkommens und die Arbeit des Steuerungskomitees bezahlt werden.
Über 200 internationale Markenhersteller aus mehr als 20 Ländern haben den Accord bereits unterzeichnet.
Die aktuelle Liste kann jeweils unter http://www.bangladeshaccord.org/signatories/ nachgesehen werden.
Bis Anfang Juli 2013 haben 67, vornehmlich europäische, Unternehmen das Abkommen unterzeichnet.
Weitere Informationen auf der Homepage der Internationalen CCC
Unternehmen, die unterzeichnet haben, sind z.B. Tchibo, H&M, Zara, s.Oliver, C&A, Kik, Lidl, Esprit, Metro, REWE u.v.m.
Jedes Unternehmen, welches den Accord unterzeichnet hat, wird einen angemessenen Anteil der benötigten Finanzierung beisteuern. Die Höhe des finanziellen Anteils kann bis zu $500,000 pro Jahr (ca. 365.695 EUR) betragen.
Der Anteil wird einer festgelegten Staffel zu Grunde gelegt, er hängt von dem individuellen Beschaffungsvolumen des jeweiligen Unternehmens in Bangladesch ab, welches in Relation zu den jährlichen Beschaffungsvolumen anderer unterzeichnender Unternehmen gestellt wird.
Diese Finanzierung dient speziell den Aktivitäten des Vorstandes, des Sicherheitsprüfers und des Schulungskoordinators. Es deckt keine Sanierungsmaßnahmen wie die Renovierung von Fabriken ab.
Ja, es gibt leider noch viele, die nicht unterzeichnet haben. Das sind z.B. die großen amerikanischen Unternehmen Wal-Mart und GAP. Sie fürchten die gesetzliche Verpflichtung und haben stattdessen ein anders Abkommen entwickelt, das aber im Prinzip nur die aktuelle Politik fortsetzt, die ja nachweislich nicht wirkt.
Unabhängige Untersuchungen werden unverzüglich beginnen, sobald ein Protokoll mit Standards und Untersuchungsmethoden festgelegt wurde. Der Accord sieht vor, dass alle Erstuntersuchungen und ggf. benötigte Renovierungspläne bis April 2014 abgeschlossen sein sollen.
Darüber hinaus führen einige Unternehmen bereits ihre eigenen Untersuchungen durch. Sofern sie geeignet sind, werden Informationen dieser Untersuchungen in die Arbeit des Accords mit einfließen.
- Nein, auch die Dachverbände der Industriegewerkschaften Industriall und der Dienstleistungsgewerkschaften UNI haben das Abkommen unterzeichnet. Die lokalen Gewerkschaften in Bangladesch haben das Abkommen begrüßt.
- Beratend wirken die Clean Clothes Campaign (CCC), International Labor Rights Forum (ILRF), Maquila Solidarity Network (MSN) und das Worker Rights Consortium (WRC)
Der Accord begrüßt die Entscheidung der Regierung Bangladeschs, ihre Verpflichtung zur Untersuchung der Fabriken wiederaufzugreifen. Es ist Absicht des Accords, mit allen relevanten Akteuren - der Regierung eingeschlossen – Kapazitäten für eine sichere und nachhaltige bangladeschische Kleiderherstellungsindustrie zu schaffen.
Nein. Das Abkommen ist aber ein erster wichtiger Schritt zur Verbesserung der Sicherheit am Arbeitsplatz. Das Brandschutzabkommen beinhaltet aber nicht die dringend notwendigen Verbesserungen der Arbeitsbedingungen für die ArbeiterInnen wie viel zu niedriger Lohn, zu viele Überstunden, Frauenerniedrigung und –beschimpfung, mangelnde Freiheit sich zu organisieren, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz etc.
Sollte an einem Gebäude festgestellt werden, dass es eine umgehende Bedrohung für die Sicherheit der Arbeiter*innen darstellt, werden die zuständigen Instanzen darüber in Kenntnis gesetzt und der Fabrikbesitzer wird dazu aufgefordert, die Produktion einzustellen, bis das Gebäude wieder sicher ist. Arbeiter*innen werden ebenfalls informiert und erhalten weiterhin Gehaltszahlungen, während das Gebäude in Stand gesetzt wird.
Sofern der Fabrikbesitzer verweigert die Herstellung einzustellen, werden Unternehmen, die Mitglieder des Accords sind, dazu angehalten sich aus der Produktion zurückzuziehen. Sollte dies zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen führen, sollen die Unternehmen angemessenen Aufwand betreiben, um sicherzustellen, dass den Arbeiter*innen bevorzugt Arbeitsplätze in anderen Fabriken zugeteilt werden, in denen das Unternehmen herstellen lässt.
- Der Accord ist ein gesetzlich bindendes Abkommen zwischen Unternehmen und Gewerkschaften. Dieses beinhaltet, dass Arbeiter*innen und Arbeitervertreter*innen eine zentrale Rolle zugeschrieben bekommen, womit auch der direkte Einbezug von Gewerkschaftsvereinigungen in Schulungen in den Fabriken gemeint ist.
- Transparenz hat einen hohen Stellenwert, damit geht auch die Offenlegung der Fabriken, die zu dem Accord gehören, einher. Unverzügliche Berichterstattung von Untersuchungen an Arbeitervertreter*innen sowie Veröffentlichung von allen Untersuchungsberichten gehören ebenfalls dazu.
- Unterzeichnende Unternehmen verpflichten sich dazu, dass von ihnen beauftragte Fabriken sicher werden und ausreichende Finanzierung für die baulichen Reparaturen sowie Renovierungen zur Verfügung stehen.
- Das Bündnis ist nicht gesetzlich bindend. Gewerkschaften, Arbeiter*innen und deren Vertreter*innen werden nicht mit eingebunden.
- Untersuchungsberichte werden nicht zwingend veröffentlicht bis ein Sanierungsplan vereinbart wurde; außer im Falle unmittelbar bevorstehender Gefahr.
- Trotz dieser grundlegenden Unterschiede der Steuerung, Verpflichtung und Transparenz, arbeitet der Accord mit allen relevanten Akteuren zusammen, um die Sicherheit der Kleiderherstellungsindustrie in Bangladesch zu verbessern, darunter auch mit diesem Bündnis.
Die Arbeitsgemeinschaft der Arbeiterbeteiligung des Accords entwickelt z.Zt. ein Programm, welches ein glaubwürdiges, effektives und nachhaltiges Schulungsprogramm zur Verfügung stellen soll. Dieses Schulungsprogramm soll die Beteiligung der Arbeitervertreter und der Gesundheits-und Sicherheitskomitees der Fabriken sicherstellen. Ein Koordinator soll für die Ein- und Durchführung des Programms eingestellt werden.
Es gibt zwei Kategorien der Kosten für die unterzeichnenden Unternehmen des Accords: Verwaltung und Sicherheitsverbesserungen.
- Verwaltung: Dies beinhaltet Kosten für die Verwaltung der Untersuchungen, Schulungen usw.
- Sicherheitsverbesserungen: Unterzeichnende Unternehmen sind verantwortlich dafür, dass ausreichende Finanzierungen für die Zahlung von Renovierungsarbeiten und anderen Verbesserungen der Sicherheit, wie von dem Sicherheitsprüfer angeordnet, zur Verfügung stehen. Diese Finanzierungen können u.a. durch gemeinsame Investitionen, direkte Zahlungen für Verbesserungen, Spenden von Seiten der Regierung oder anderen Stellen sowie jeder Kombination dieser Mechanismen generiert werden.
Der Vorstand des Accords ist im Gespräch mit Interessenvertretern der bangladeschischen Kleiderindustrie, darunter die „Bangladesh Garment Manufacturers Export Association“ (BGMEA). Sie verhandeln über Unterstützung für die Arbeiter*innen, darunter finanzielle Hilfe, sofern diese erforderlich ist. Der Vorstand hat ebenfalls die Hand nach anderen Akteuren ausgestreckt, wie dem Internationalen Finanzierungskommitee (Teil der Weltbank) und Entwicklungsprogrammen der Regierung, um potenzielle Finanzierungen für Sanierungsprogramme und Unterstützung der Arbeiter*innen zu diskutieren.
Häufige Fragen zum Rana Plaza Einsturz in Bangladesch
Zwei Jahre nach dem Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch wurden 41 Verantwortliche wegen Mordes angeklagt. Bei dem Einsturz kamen mehr als 1.100 Menschen ums Leben. Unter den Angeklagten ist der Besitzer des Gebäudes, die Eigentümer der 7 Fabriken, die sich im Gebäude befanden sowie zwölf Beamte, die für Sicherheitskontrollen verantwortlich waren. Sollten die Angeklagten wegen Mordes verurteilt werden, droht ihnen die Todesstrafe.
Der Gebäudebesitzer Sohel Rana wurde wenige Tage nach dem Einsturz an der indischen Grenze festgenommen, wo er versuchte sich ins Nachbarland abzusetzen.
Deutsche Konzerne, die von der Fabrik beliefert wurden, zahlten entweder gar nicht (Adler, NKD) oder zu wenig (KiK) in den Entschädigungsfonds für die Opfer und ihre Hinterbliebenen der Rana Plaza Katastrophe.
Seit dem Fabrikeinsturz im April 2013 hat die Kampagne für Saubere Kleidung gefordert, dass Marken und Einkäufer Entschädigungen an die Opfer bereitstellen sollen. Über eine Million KonsumentInnen in ganz Europa und weltweit haben sich an den Aktionen beteiligt, damit die Firmen, die in einer der fünf Fabriken im Gebäude von Rana Plaza produzieren ließen, Verantwortung übernehmen. Der öffentliche Druck führte letztlich zu den Einzahlungen in den Fonds. Zum zweiten Jahrestag des Unglücks, am 24. April 2015, fehlten dem Fonds noch 2,4 Mio. US-Dollar, um die benötigten 30 Mio US-Dollar zu erreichen. Der Restbetrag wurde kurz darauf durch eine anonyme Spende in den Fonds eingezahlt. Der Entschädigungsfonds enthält jetzt die vollen 30 Millionen US-Dollar und wird an die Geschädigten ausgezahlt.
Positiv zu vermerken ist die Unterzeichnung eines Brand- und Sicherheitsabkommens (Bangladesh Accord on Fire and Building Safety) durch vornehmlich europäische Unternehmen, die sich dazu verpflichteten, ihre Produzenten in Bangladesch zu nennen. So werden jetzt rund 2000 Fabriken auf ihre Sicherheit hin überprüft und die Ergebnisse dieser Prüfungen werden ins Internet gestellt. Erstmals erfahren so Gewerkschaften, Arbeiter*innen und die interessierte Öffentlichkeit wie die Sicherheitslage in den Fabriken aussieht.