Häufige Fragen zum Textilbündnis

Hat es bereits etwas Vergleichbares im textilen Bereich gegeben?

Nein. Das besondere ist, dass im Textilbündnis Vertreter*innen verschiedenster gesellschaftlicher Anspruchsgruppen zusammenkommen und gemeinsam an Verbesserungen arbeiten. Dies hat es in der Form noch nicht gegeben.

Warum ist der Frauenrechtsverein FEMNET dem Textilbündnis beigetreten?

Das Ziel des Textilbündnisses ist es, "die soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit entlang der gesamten Textilkette kontinuierlich zu verbessern" (aus dem Aktionsplan des Textilbündnisses). FEMNET engagiert sich für die Rechte der Arbeiter*innen entlang der textilen Wertschöpfungskette, von denen bis zu 90% Frauen sind. Das Textilbündnis kann eine Chance sein, sektorweit signifikante Verbesserungen der Produktionsbedingungen zu bewirken.

Was erhofft sich FEMNET von dem Beitritt ins Textilbündnis?

Das Ziel der Arbeit von FEMNET, außerhalb sowie innerhalb des Textilbündnisses ist es, Verbesserungen für die Arbeiter*innen in der Textilindustrie zu erreichen. Konkret bedeutet dies unter anderem die Zahlung von existenzsichernden Löhnen, die Beseitigung von Zwangsarbeit in Spinnereien oder die Abschaffung der diskriminierenden Behandlung von Frauen. Im Textilbündnis verhandeln wir mit rund der Hälfte der in Deutschland tätigen Textilunternehmen zu genau diesen Themen.

Allerdings sind die bisherigen Ergebnisse unbefriedigend: Die Mitglieder haben 2017 und 2018 zwar erstmalig Umsetzungsziele für die Verbesserung der Arbeits- und Sozialstandards in ihren Lieferketten erarbeitet und eine sogenannte Road map erstellt. Über die Umsetzung dieser Ziele müssen  die Mitglieder an unabhängige Consultants  berichten. Leider waren bisher die Roadmaps wenig aussagekräftig, die Prüfungen verliefen rein formal und haben nicht das Anspruchsniveau der Unternehmen deutlich gemacht. Unsere Kritik an den Roadmaps haben wir 2018 in dieser Stellungnahme geäußert

Weil auch ein von der Zivilgesellschaft in Auftrag gegebenes Gutachten des Öko-Instituts sowie eine Beurteilung der OECD zu einem ähnlich kritischen Urteil gekommen sind, wird derzeit (6/2019) ein neuer Orientierungsrahmen für die Roadmap Erstellung entwickelt. FEMNET erhofft sich von den überarbeiteten Anforderungen an die Roadmaps einen ernsthaften Schritt zu mehr Anspruch und Glaubwürdigkeit der road maps für die kommenden Jahre.

Welche Maßnahmen ergreift der Frauenrechtsverein FEMNET zum Erreichen der Ziele des Textilbündnisses?

Unsere Vorstandsvorsitzende Dr. Gisela Burckhardt vertritt, zusammen mit einer Kollegin vom Südwind-Institut und einem Kollegen vom INKOTA-netzwerk e.V. die rund 20 zivilgesellschaftlichen Akteure im Steuerungskreis des Textilbündnisses. In diesem werden die zentralen Entscheidungen getroffen. Neben der Zivilgesellschaft sind dort Vertreter*innen der Wirtschaft, der Regierung, der Gewerkschaften und der Standardorganisationen. Alle Entscheidungen müssen dort im Konsens gefällt werden. FEMNET engagiert sich zudem in den Arbeitsgruppen Review-Prozess (road maps), Beschwerdemechanismen sowie in der Bündnisinitiative Tamil Nadu. Zudem hat sich FEMNET dafür stark gemacht, dass ein Koordinator für die zivilgesellschaftlichen Akteure im Textilbündnis eingestellt werden konnte.

Von Juni 2016 bis Mai 2019 koordinierte Tim Zahn die 20 zivilgesellschaftlichen Akteure und stärkte somit deren Position innerhalb des Bündnisses. Seit Mai 2019 macht dies nun sein Nachfolger Johannes Norpoth. Durch die Mitarbeit in den Arbeitsgruppen und im Steuerungskreis bringt FEMNET die Forderungen der Zivilgesellschaft aktiv im Textilbündnis ein.

Darüber hinaus hat FEMNET die erste Bündnisinitiative des Textilbündnisses initiiert. Ziel dieser Initiative ist es, systemische Verbesserungen von Arbeitsbedingungen in den Spinnereien im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu zu erreichen. Insbesondere die Bekämpfung von Zwangsarbeit, der junge Mädchen im Alter von 14-18 Jahren ausgesetzt sind, ist FEMNET dabei ein zentrales Anliegen.

Gibt es aus Sicht von FEMNET Probleme beim Textilbündnis?

Die Unternehmen im Textilbündnis vertreten im Moment ca. 50% des deutschen Einzelhandelsumsatzes, das heißt also, dass die andere Hälfte nichts tut. Bei vielen Unternehmen prangert FEMNET im Rahmen der Arbeit der Kampagne für Saubere Kleidung bereits die Missstände für Arbeiter*innen in der textilen Wertschöpfungskette seit Jahren öffentlich an. Würde es diese Missstände nicht geben, bräuchten wir auch kein Textilbündnis. In den Arbeitsgruppen und im Steuerungskreis treffen also häufig extrem unterschiedliche Meinungen aufeinander. Dies wird während vieler kontroverser Diskussionen deutlich.

Es gibt zahlreiche Probleme beim Textilbündnis: Die in den Jahren 2017 und 2018 eingereichten Roadmaps sind zwar ein erster Schritt in die richtige Richtung, aber aus unserer Sicht nicht anspruchsvoll genug, damit wirkliche Verbesserungen der Arbeitssituation vor Ort geschehen. Auch engagieren sich die Unternehmen kaum in Bündnisinitiativen, mit denen man vor Ort wirklich etwas voranbringen könnte: sei es bei  der Zahlung von höheren Löhnen oder der Bekämpfung der Ausbeutung junger Mädchen in den Spinnereien in Tamil Nadu. FEMNET ist überzeugt, dass es neben diesen freiwilligen Maßnahmen im Textilbündnis unbedingt gesetzlicher Regulierung bedarf, die für alle Unternehmen gleichermaßen gilt.

Wie realistisch ist das Textilbündnis?

Das Textilbündnis hat sich auf den Weg gemacht. Um vor Ort wirklich Verbesserungen zu erreichen, ist es wichtig, dass die Mitglieder sich anspruchsvolle Ziele setzen. Anschließend müssen diese Ziele wirkungsorientiert und unabhängig überprüft werden. Noch sind die Ziele in den Roadmaps nicht anspruchsvoll genug und noch sehen wir nicht, dass von den Bemühungen etwas bei den Näherinnen in den Produktionsländern ankommt. Wir wissen aber auch, dass ein solcher Prozess Zeit braucht. Neben freiwilligen Selbstverpflichtungen wie dem Textilbündnis braucht es aber zusätzlich gesetzliche Regelungen, damit verantwortungslos handelnde Unternehmen sanktioniert werden können.

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