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Hände einer weiblichen Arbeiterin an einer Nähmaschine

© Midjourney

LkSG-Beschwerde gegen KiK: Systematische Verstöße gegen grundlegende Arbeits- und Gewerkschaftsrechte

Berlin/Karachi. Pakistanische Textilarbeiter*innen, die pakistanische Gewerkschaft National Trade Union Federation (NTUF) und das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) weisen auf ernsthafte Anhaltspunkte für Verstöße des Textildiscounters KiK gegen das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) hin. Sie reichten daher eine Beschwerde beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gegen KiK ein. 

Im Zentrum der Beschwerde stehen systematische Arbeitsrechtsverletzungen beim pakistanischen Zulieferer Mount Fuji, auf die KiK aus Sicht der Beschwerdeführenden nicht angemessen reagiert hat – trotz gesetzlicher Verpflichtung.

Vorwürfe gegen KiK:

  • Umgehung von Arbeits- und Gewerkschaftsrechten: Mount Fuji verstößt systematisch gegen das Arbeitsrecht, insb. durch die Vorenthaltung angemessener Löhne und die Unterdrückung gewerkschaftlicher Organisierung. Kurz nach Unterzeichnung einer Vereinbarung mit der NTUF über die Einhaltung des lokalen Arbeitsrechts organisierte Mount Fuji die Scheinwahl einer vermeintlichen Arbeiter*innenvertretung. 144 Arbeiter*innen wurden zudem unter Missachtung des lokalen Arbeitsrechts entlassen, darunter auch gewerkschaftlich aktive Personen.
  • Missachtung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten: KiK unternahm keine wirksamen Schritte gegen die dokumentierten Verstöße seines Zulieferers, sondern verließ sich erneut auf dessen Zusicherungen und zweifelhafte Audits durch in Sozialfragen wenig erfahrene Consultingunternehmen - trotz klarer Hinweise auf ihre Ungeeignetheit. 
  • Unkritischer Umgang mit eigenen Einkaufspraktiken: Der Konzern verweigerte eine ernsthafte Auseinandersetzung mit seiner eigenen Rolle und möglichen zu den Verletzungen beitragenden Faktoren wie Preisdruck und kurzfristigen Stornierungen.

Trotz eindeutiger Hinweise, dass die ergriffenen Maßnahmen unwirksam sind und obwohl Missstände vor Ort andauern, stellt KiK sein Vorgehen öffentlich als Erfolg dar. 

Dazu Nasir Mansoor, Generalsekretär der NTUF: “KiK verkauft oberflächliche, unwirksame Maßnahmen als Fortschritt, während die betroffenen Arbeiter*innen in Pakistan weiterhin unter prekären Bedingungen arbeiten und wir in unserer gewerkschaftlichen Arbeit behindert werden.”

Bereits im September 2023 forderten die Organisationen KiK im Rahmen einer unternehmensinternen Beschwerde auf, ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen und Maßnahmen zu ergreifen, damit Arbeiter*innen in ihren Zulieferfabriken mindestens den örtlichen Mindestlohn erhalten. Das Unternehmen zeigte sich zunächst dialogbereit und forderte seinen Zulieferer zur Unterzeichnung einer Vereinbarung über die Einhaltung des Arbeitsrechts auf. Doch als kurz darauf deutlich wurde, dass der Zulieferer nicht bereit ist, die Vereinbarung auch tatsächlich einzuhalten, verweigerte KiK die Übernahme echter Verantwortung für dessen Durchsetzung. 

Erstmalig: Drittwiderspruch gegen BAFA-Bescheid – Forderung nach erneuter Prüfung unter Einbeziehung der Betroffenen 

Die Beschwerde beinhaltet erstmals auch einen Drittwiderspruch von Betroffenen gegen eine Entscheidung des BAFA selbst. Im September 2024 war bekannt geworden, dass die Behörde auf eigene Initiative tätig geworden war und KiK im Ergebnis bescheinigte, keine Verstöße gegen das LkSG mit Blick auf die Vorgänge in Pakistan feststellen zu können – ohne vorab die NTUF oder sonstige Betroffene anzuhören. Dies verletzt die Betroffenen in ihren Rechten. Die Organisationen fordern eine erneute umfassende und unabhängige Prüfung, ob KiK gegen das LkSG verstoßen hat unter Einbeziehung der Gewerkschaft NTUF und der betroffenen Arbeiter*innen in das Verfahren und die Ergreifung wirksamer Maßnahmen zur Abhilfe und Prävention zukünftiger Menschenrechtsverletzungen entlang der Lieferkette.

„Der Fall KiK ist ein Paradebeispiel dafür, weshalb wir das Lieferkettengesetz brauchen, aber auch für das, was im Umgang mit dem Gesetz gerade schiefläuft. Es braucht eine konsequente Um- und Durchsetzung, bei der Betroffene wie die NTUF ernsthaft einbezogen werden. Stattdessen erleben wir, wie Unternehmen sich erneut aus der Verantwortung stehlen – begünstigt durch eine Behörde, die durch ihre zurückhaltende Kontrollpraxis das Gesetz zunehmend zu entkernen droht,“ so Annabell Brüggemann, Senior Legal Advisor ECCHR.

Betroffene brauchen starke Gesetze

Neben ECCHR und NTUF war die Nichtregierungsorganisation FEMNET von Anfang an in die Gespräche mit KiK eingebunden. Als Expertin für Arbeits- und Frauenrechte in der Bekleidungsindustrie vor allem in Asien und durch den kontinuierlichen Austausch mit lokalen Gewerkschaften vor Ort verfügt FEMNET über ein fundiertes Bild der dortigen Arbeitsbedingungen. Sina Marx von FEMNET ergänzt: “Der Fall KiK ist auch politisch von Relevanz: Er zeigt, dass der aktuell diskutierte Kurswechsel beim LkSG den Schutz Betroffener gefährdet. Die Bundesregierung muss diesen Entwicklungen entgegentreten, statt das Gesetz zu schwächen oder gar abzuschaffen.”

Pressekontakt

Philipp Jedamzik
Media & Communication
ECCHR
European Center for Constitutional and Human Rights e.V.
Zossener Str. 55-58
Aufgang/Staircase D
D-10961 Berlin
Phone: +49 (0)30 – 29680591 
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